Kapitalistische Gesundheitspolitik inmitten einer Pandemie
Am 22. August wurde mit 2.034 Corona-Neuinfektionen an einem Tag der höchste Wert seit Mai ermittelt. Die Diskussion um eine zweite Welle der Coronapandemie ist dadurch in aller Munde: wann sie kommen wird, ob sie bereits begonnen hat und ob es schon zu spät ist, sie noch zu verhindern.
Die ganze Schuld wir von der bürgerlichen Presse den Rückkehrern zugeschrieben, die nach und nach das Land mit Corona infizieren, weil sie aus Ländern kommen, die – laut der bürgerlichen Presse – nicht so verantwortungsvoll mit der Krise umgehen, wie die Bundesregierung es tue. Was dabei doch meist außen vor gelassen wird ist die Frage, wer überhaupt dafür gesorgt hat, dass das Coronavirus sich so ausbreiten konnte. Wer tatenlos dabei zugeschaut hat, während Konzerne wie Tönnies über 1.500 Mitarbeiter unter widrigen Bedingungen haben weiterarbeiten lassen, um ihre Profite zu maximieren; und wer statt einer konsequenten Eindämmung des Virus Propaganda für #flattenthecurve gemacht hat, also dafür, die Kurve der Infektionen bloß abzuflachen, sodass das privatisierte, kaputtgesparte Gesundheitswesen nicht ausfinanziert werden muss, sondern die Zeit des Infizierens so gestreckt wird, dass die Kapazitäten des Gesundheitswesens nicht überschritten werden.
Gesundheitspolitik für Bonzen
Doch es geht nicht allen schlecht während Wirtschaftskrise und Coronapandemie. Der Gesundheitsminister Spahn hat sich vor Kurzem eine Luxusvilla mitten in Berlin gekauft – für über vier Millionen Euro! Sein Ehemann und er sollen sich in ihrer bisherigen Wohnung „nicht mehr wohl“ und „eingeengt“ gefühlt haben, weil er mehrmals in den vergangenen Wochen vor seiner Haustür angesprochen worden sein soll. Scheinbar möchte er mit seinem Umzug in die neue Luxusvilla in einem Nobelviertel eine noch größere Distanz zum wütenden Pöbel schaffen.
Für mehr als nur eine Maskenpflicht
Dass viele den Gesundheitsminister als Mitverantwortlichen für das Corona-Schlamassel kritisieren, ist gerechtfertigt: kostenlose Tests für Urlaubsrückkehrer und Maskenpflicht werden uns als das Hoch aller Schutzmaßnahmen verkauft. Dabei wird nicht mal darüber gesprochen, lokale Testzentren einzurichten, die regelmäßige und kostenlose Testungen vornehmen, damit die Dunkelziffer der Infektionen minimiert werden kann. Oder darüber dass die Taktungen der Bahnen während der Pandemie geändert wurden, da weniger Menschen mit dem Öffentlichen Nahverkehr fahren. Sondern damit die teilprivatisierte Deutsche Bahn sparen kann und die Profite für ihre Aktionäre gesichert sind, wird dafür gesorgt, dass nun weniger Züge fahren und diese dafür weiterhin überfüllt sind und das Risiko einer Ansteckung für alle Fahrgäste erhöht wird.
Falsche Versprechungen für medizinisches Personal
Von den Prämien für Pflegekräfte, die das Gesundheitsministerium angekündigt hat, ist nach einem halben Jahr Pandemie immer noch nichts zu sehen. Das, was bleibt, sind Cremes, die als „Dankeschön“ in Krankenhäusern verteilt werden und Applaus, der nichts kostet, von dem eine Pflegekraft aber auch nicht ihre Miete bezahlen kann. Der Respekt, der den sogenannten systemrelevanten Berufen zurzeit von der Gesellschaft entgegengebracht wird, wäre eigentlich die perfekte Ausgangssituation für die Gewerkschaften, in die Offensive zu gehen, um eine gute Personalbemessung, höhere Löhne und die Rückverstaatlichung der Krankenhäuser zu fordern.
Pandemie plus Kapitalismus endet im Chaos
Wir sehen gerade klar, dass die Ideologie davon, die Infektionskurve abzuflachen, oder davon Milliardengeschenke für Konzerne zu schnüren und davon, dass Gesundheit eine Ware ist und auch bleiben soll, nicht die unsrige sind. Unser Interesse als arbeitende Klasse liegt darin, uns gegen das Virus zu schützen. Das kapitalistische Wirtschaftssystem steht uns dabei nur im Weg – es ist höchste Zeit, es umzuwerfen!