Für einen Generalstreik der israelischen und palästinensischen Arbeiter gegen den versuchten Parlamentsputsch!

Der Staat Israel erlebt derzeit die größten sozialen Proteste seit seiner Gründung vor 75 Jahren. Hunderttausende von Menschen sind durch die wichtigsten Städte des Landes marschiert und haben mit Wut auf die Maßnahmen der Likud-Koalitionsregierung und der zionistischen extremen Rechten reagiert, die de facto auf einen parlamentarischen Staatsstreich hinauslaufen.

Premierminister Netanjahu setzt die reaktionäre Agenda von Trump, Bolsonaro und der populistischen und nationalistischen extremen Rechten auf der ganzen Welt fort und entwickelt sie weiter.

Anmerkung der Übersetzung: Seit dieser Artikel geschrieben wurde, hat der Histadrut am 27. März nach massivem Druck von unten zu einem „historischen“ Generalstreik aufgerufen. Diese Entwicklungen ändern aber weder etwas an der hier beschriebenen Rolle der Gewerkschaftsbürokratie und der reformistischen Linken als Bremse der Bewegung, noch an der Forderung, einen Generalstreik durch Basiskomitees von Unten auszuweiten und mit dem revolutionären Kampf des palästinensischen Volkes zu verbinden.

Zu den Gesetzen, die Netanjahu verabschieden will, gehört, dass die Regierung entscheidenden Einfluss auf die Wahl von Richtern erhält, dass dem Obersten Gerichtshof die Möglichkeit genommen wird, mit einfacher Mehrheit gegen die Exekutive zu entscheiden, oder dass von der Regierung oder dem Parlament verabschiedete Gesetze aufgehoben werden, wenn sie als verfassungswidrig angesehen werden. Mit diesem neuen Gesetz wäre auch die Knesset, das israelische Parlament, in der Lage, Urteile des Obersten Gerichtshofs aufzuheben. Das Gesetz, das dem Ministerpräsidenten auf den Leib geschneidert ist, da es den Obersten Gerichtshof daran hindert, strafrechtlich verurteilte Personen für ungeeignet zu erklären, ein Ministeramt zu bekleiden, würde es Netanjahu ermöglichen, sich einer Verurteilung zu entziehen oder sie gar aufzuheben. Gegen Netanjahu läuft derzeit ein Verfahren wegen Bestechung, Betrug und Untreue.

Kurz gesagt: Diese Gesetzesänderung zielt darauf ab, eine bonapartistische Regierung unter Netanjahu zu konsolidieren, die von der extremen religiösen Rechten unterstützt wird, und macht deutlich, dass nicht einmal die vom Zionismus selbst über Jahrzehnte geschaffene Institutionalität, die die grausame Unterdrückung der palästinensischen Massen und den israelischen Expansionismus geschützt und gerechtfertigt hat, jetzt noch ausreicht, um die bürgerliche Herrschaft zu garantieren.

Spaltungen in der herrschenden Klasse

Netanjahu wurde bei den Wahlen vom 1. November 2022 wiedergewählt, nachdem er zwölf Monate in der Opposition verbracht hatte. In seiner sechsten Amtszeit als Ministerpräsident (von insgesamt fünfzehn Jahren in der Regierung) wird er von einer Koalition extremrechter religiöser Parteien unterstützt, die 64 von 120 Sitzen im Parlament erringen konnte. Zur Regierungskoalition gehören der Likud, Schas mit 11 Sitzen und das Vereinigte Tora-Judentum mit sieben Sitzen.

Die Arbeitspartei, die jahrzehntelang die tragende Säule des israelischen zionistischen Staates war, errang nur vier Sitze, und die Meretz-Partei scheiterte zum ersten Mal in ihrer Geschichte am Einzug ins Parlament, da sie nicht mehr als 3,5 Prozent der Stimmen erhielt. Netanjahu holte Itamar Ben-Gvir, den Führer der ultranationalistischen Partei Otzma Jehudit (in etwa „Stärke für Israel“), als Minister für nationale Sicherheit in die Regierung, der für die Polizeiarbeit in Israel und im besetzten Westjordanland zuständig ist, was zu einer brutalen Zunahme von Angriffen und Repressionen gegen die palästinensische Bevölkerung geführt hat.

Doch die soziale Explosion, die das Land von oben bis unten erschüttert und eine immer stärkere Polarisierung zeigt, kommt nicht aus heiterem Himmel. In den letzten Jahren gab es große Mobilisierungen der Bevölkerung, sei es gegen die militärischen Übergriffe auf palästinensisches Gebiet oder gegen die repressiven Maßnahmen während der Pandemiezeit. Die Wirtschaftskrise hinterlässt auch eine sehr große soziale Unzufriedenheit und all das schürt die Spaltungen innerhalb der herrschenden Klasse, die durch die Erschütterungen der geostrategischen Bündnisse im Nahen Osten in der Hitze des imperialistischen Krieges in der Ukraine noch verschärft werden.

Im Moment werden die Mobilisierungen von einem Teil der Bourgeoisie angeführt, der gegen die Pläne der neuen Exekutive ist. Die Kundgebungen der Opposition wurden von ehemaligen Ministern angeführt, von denen viele in der Vergangenheit unter Netanjahu gedient haben, sowie von Generälen und Geheimdienstchefs im Ruhestand. Die Polarisierung zieht sich jedoch durch alle Bereiche, wie z. B. in der Armee, wo viele Reservisten, die das Rückgrat des israelischen Militärs bilden, damit gedroht haben, den Militärdienst zu verweigern, um so ihre Ablehnung zu bekunden. Alle noch lebenden Ex-Kommandeure der israelischen Luftwaffe haben in einem Brief einen Stopp der Justizreform gefordert.

Die Spaltung hat einen solchen Grad erreicht, dass offen von einem Bürgerkrieg gesprochen wird. Der israelische Staatspräsident Isaac Herzog warnte: „Wer glaubt, dass es nicht zu einem Bürgerkrieg kommen wird, weiß nicht, wovon er spricht. Wir kommen jetzt zum 75. Jahrestag Israels, das Land steht am Rande des Abgrunds. Ein Bürgerkrieg ist eine rote Linie, und ich werde ihn nicht zulassen.“

In die gleiche Kerbe schlug Benny Gantz, ehemaliger Verteidigungsminister in der vorherigen Regierung: „Die Gewalt beginnt auszubrechen und ein Bruderkrieg steht vor der Tür.“ Diese Warnung erfolgte nach den Demonstrationen am Samstag, den 18. März, bei denen neben der Polizeigewalt gegen Demonstranten auch eine Reihe von Angriffen durch Netanjahus faschistische Banden stattfanden.

Palästina und Iran als Ablenkungsmanöver

Angesichts des innenpolitischen Drucks und der weit verbreiteten Unzufriedenheit verschärft die israelische Regierung ihre Provokationen, um die Bevölkerung gegen eine vermeintliche Bedrohung von außen aufzubringen.

Netanjahu hat mit Wissen der USA fünf Geheimgespräche geführt, in denen er beschloss, die Bereitschaft für einen Angriff auf iranische Atomanlagen zu erhöhen. „Wenn die Welt nicht gegen den Iran vorgeht, wird Israel zum Handeln gezwungen sein und nicht zögern, zu handeln“, so der Reaktionär, der damit angebliche Berichte aufgreift, wonach der Iran Uran auf 84 % angereichert hat, was nur 6 % unter dem für eine Atombombe erforderlichen Anreicherungsgrad liegt.

Er stellt dem zionistischen Terroristenpack, das er in die Regierung aufgenommen hat, einen Freibrief aus gegen den schwächsten Feind, den sie treffen können: die palästinensische Bevölkerung. In einer maximalen Provokation besuchte Sicherheitsminister Ben-Gvir am 4. Januar die Esplanade der Moscheen ohne die Genehmigung des Waqf, der islamischen Stiftung, die die Stätte gemäß den Vereinbarungen von 1967 verwaltet. Das von Netanjahu vorgeschlagene neue Gesetzespaket sieht auch die Ausweitung der Siedlungen im Westjordanland vor.

Am 26. Februar stürmte ein Mob von mehreren hundert rechten jüdischen Siedlern das Dorf Huwara. Das Dorf ist ein Kreuzungspunkt für Bewegungen in den Süden und Norden des besetzten Westjordanlandes und damit ein Gebiet, in dem es immer wieder zu Konflikten kommt. Als Reaktion auf die Ermordung von zwei Siedlern durch Palästinenser stürmte der faschistische Mob das Dorf und terrorisierte mehrere Stunden lang die Einwohner, plünderte und setzte Häuser und Autos in Brand. Ein Palästinenser wurde erschossen und 100 weitere wurden verwundet. Zahlreiche Videos zeigen, dass Soldaten und Polizisten den Siedlern zur Seite standen oder sie unterstützten. Das Jahr 2023 erweist sich jetzt schon als das tödlichste Jahr für Palästinenser seit zwei Jahrzehnten. In diesem Jahr wurden bisher mehr als 80 palästinensische Arbeiter vom israelischen Staat und seinen bewaffneten Siedlerbanden getötet.

Angesichts dieser Ereignisse begrüßte Israels Finanzminister, ein echter Faschist namens Bezalel Smotrich, der von Netanjahu mit allen Vollmachten ausgestattet wurde, um die Besatzung zu leiten, den Angriff auf Huwara und sprach sich für die Vernichtung der Stadt aus: „Gott bewahre, dass sie das mit Einzelpersonen tun. Ich glaube, dass das Dorf Huwara vernichtet werden sollte, und dass der Staat Israel dies tun sollte.“

Der politische Bankrott von Labour und Meretz, ihre faktische Kollaboration mit dem Kolonialismus und dem zionistischen Rassismus sowie die Politik des sozialen Friedens und der Demobilisierung durch den Histadrut – der wichtigste Gewerkschaftsdachverband des Landes, dessen Führer zum zionistischen Establishment gehören und durch und durch korrupt sind – haben entscheidend dazu beigetragen, dass diese rechte Reaktion bei den Wahlen zulegen konnte. Besonders skandalös ist, dass der Histadrut sich geweigert hat, zu einem Streik gegen diese reaktionäre Offensive aufzurufen. Im Gegenteil, die Führung dieses Zentrums hat, wie gute Lakaien der israelischen Bourgeoisie, bei einer Inflation von 5,4 % und aus Angst vor einer sozialen Explosion eine Vereinbarung über eine Lohnerhöhung von 11 % für die nächsten sieben Jahre unterzeichnet, die die 350.000 Beschäftigten des öffentlichen Dienstes im Lande betreffen wird. All das zu einer Zeit, in der 26,4 % der Bevölkerung nicht in der Lage sind, ihre monatlichen Ausgaben zu bestreiten und ein Drittel sich als arm bezeichnet.

Die politische Situation in Israel zeigt auch die Heuchelei des US-Imperialismus, der, wie in der Ukraine, den reaktionären Charakter der von ihm unterstützten Regierungen ignoriert. Die Biden-Regierung gibt zynische Kommuniqués heraus, in denen sie ihre „Besorgnis“ über die Ereignisse in Israel zum Ausdruck bringt, hält aber an der gigantischen Unterstützung fest, die sie dem zionistischen Staat seit Jahrzehnten gewährt.

Die Spaltung innerhalb der herrschenden Klasse in Verbindung mit der Bedrohung durch die Reaktion drängt die Arbeiterklasse zu einem entschlossenen Kampf gegen die reformistischen und zionistischen Führungen. Israel ist das lebende Beispiel dafür, dass eine Nation, die eine andere unterdrückt, nicht frei sein kann. Angesichts der Sackgasse, in der sich der israelische Kapitalismus befindet, muss die Bourgeoisie immer stärker auf die nationale Unterdrückung der Palästinenser setzen. Gleichzeitig haben der Zusammenbruch des Reformismus und der Rechtsruck eines ganzen Teils der Mittelklasse diesen Vorstoß der Reaktion ermöglicht.

Für einen Generalstreik gegen den parlamentarischen faschistischen Putsch!

Wenn die Faschisten gewinnen, wird die israelische Arbeiterklasse schwer für die Folgen bezahlen. Der vereinte Kampf aller Arbeiter gegen diesen versuchten parlamentarischen Staatsstreich ist notwendiger denn je, indem man jetzt zum Generalstreik dagegen aufruft, indem man Komitees an der Basis bildet, um nicht zuzulassen, dass diese Bewegung von einem Teil der zionistischen Bourgeoisie kooptiert wird, die nur ihren eigenen Profit sucht, sondern von den Arbeitern selbst, die unabhängig von ihrer Nationalität oder Religion vereint sind!

Heute sind die Bedingungen für einen Streik in diesem Sinne in einer Weise gegeben, wie es sie in den letzten Jahrzehnten nicht gegeben hat. Seit Beginn dieser Mobilisierungen war die Anprangerung dessen, was in den besetzten Gebieten geschieht, präsent. Ebenso haben sich jüdische Arbeiter und Jugendliche den Soldaten und Siedlern bei mehreren Angriffen auf Palästinenser in den letzten Wochen entgegengestellt. Der Gedanke, dass nur durch den vereinten Kampf der Arbeiterklasse, unabhängig von ihrer Herkunft, die palästinensische Frage gelöst und gleichzeitig der zionistische Kapitalismus besiegt werden kann, wird zweifelsohne in dieser Bewegung seinen Widerhall finden.

Es ist auch notwendig, dass die israelische Arbeiterbewegung den Kampf für die vollen Rechte des palästinensischen Volkes aufnimmt – einschließlich seines Rechts, einen unabhängigen Staat zu bilden – und diese Aufgabe mit dem revolutionären Sturz der israelischen Kapitalistenklasse und der sie umgebenden arabischen kapitalistischen Regime verbindet, indem sie für den Sozialismus in Israel und im gesamten Nahen Osten kämpft. Das ist der einzige Weg aus der Barbarei.

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