Bürgerliche Politik ist keine Lösung, sondern Politik gegen unsere Interessen!

Während die bürgerliche Politik so arrogant war, die bundesweiten Kämpfe des Gesundheitspersonals wieder und wieder mit neoliberalen Phrasen abzuschmettern und ihren Forderungen nach einer vernünftigen Personalpolitik in den Krankenhäusern mit härtester Hand zu begegnen [1], verteilt die Corona-Krise nun die Rechnung für die Jahrzehnte pro-kapitalistischer Kürzungs- und Privatisierungspolitik der oben genannten Parteien.

Leider haben diese Rechnung nicht die Verantwortlichen zu zahlen, die in ihren Staatsposten so viel verdienen, dass ein gut ausgestattetes privates Versicherungssystem und die dazugehörigen medizinischen Mittel ihnen sicherlich eine bessere Ausgangslage bescheren als dem einfachen Fabrikarbeiter, der sich nun mit Corona infiziert. Die Rechnung für ihre Politik bezahlen wir!

In welcher Form geschieht das aktuell? Wir erleben, dass die Bundesregierung sich weigert, bei Corona eine Strategie der konsequenten Eindämmung zu verfolgen. Das würde bedeuten, große Summen an Staatsgeldern zu mobilisieren, um umfassende Tests, die Einrichtung von gut ausgestatteten Quarantänestationen uvm. zu ermöglichen. Stattdessen soll der Zeitraum der Infizierung einfach gestreckt werden, um ein völlig unzureichendes Gesundheitssystem aufrechtzuerhalten und die Krise schlicht und einfach erträglich zu machen.

Nichts hat sich geändert an der Profitorientierung des Gesundheitswesens. Dort führt das Fallpauschalen-System dazu, dass die Betreiber privater Krankenhäuser jede Entscheidungsfreiheit, die man ihnen lässt, dazu nutzen, profitable OPs den notwendigen vorzuziehen. „Schönheits-OP statt Corona-Patienten“ heißt es im Zweifelsfall [2] – und das ist nicht nur während der derzeitigen Krise der Fall, sondern absoluter Normalzustand im heutigen Gesundheitswesen der BRD. Und es ist nicht nur so, dass die privaten Betreiber diese Entscheidung treffen – so ist zum Beispiel die Hamburger Endo-Klinik des Privatkonzerns Helios schlicht und einfach vom Katastrophenplan der Landesregierung ausgenommen. So sieht Politik für die Profite von Banken und Konzernen aus!

CDU, FDP, SPD und Grüne: Politik für die Profite von Banken und Konzernen!

Es ist ganz offensichtlich, wer für diese Politik verantwortlich ist: die Banken- und Konzernparteien CDU, FDP, SPD und Grüne! Das ist keine stumpfe Verallgemeinerung, sondern überprüfbare Realität.

Bis 1985 arbeiteten die Krankenhäuser nach dem Selbstkostendeckungsprinzip und nicht gewinnorientiert. Nach 1985 wurde das Krankenhausfinanzierungsgesetz zunehmend „flexibilisiert“, besonders in den 90er-Jahren gab es Vorstöße in diese Richtung. Sie kamen ursprünglich im Jahr 1996/7 von Gesundheitsminister Horst Seehofer, wurden aber erst von der rot-grünen Koalition unter Gerhardt Schröder ab 1999 umgesetzt.
Seit 2004 gilt deshalb in allen deutschen Krankenhäusern verbindlich das Fallpauschalensystem. Das heißt, dass für bestimmte Gesundheitsleistungen ein Fixbetrag bezahlt wird. Spart man dabei Ressourcen (weniger Personal und Material, Konzentration auf OPs mit hohen Fallpauschalbeträgen), macht man Gewinne, bei einer besseren Ausstattung Verlust.[3]

Zwar waren SPD und Grüne die willfährigen Helfer, die die Schleusen für ein marktwirtschaftliches Gesundheitswesen in Deutschland geöffnet haben, doch es gab keine Regierungspartei, die sich an dieser Politik nicht beteiligt hätte.

Die Hans-Böckler-Stiftung hat berechnet, dass sich von 1991 bis 2007 der Anteil privater Krankenhäuser von 14,8 auf 29,7 Prozent mehr als verdoppelt hat. Allein zwischen 2002 und 2013 ist der Anteil öffentlicher Krankenhäuser in Deutschland von (nur!) 37 auf 30 Prozent gefallen – währenddessen konnten die privaten Krankenhäuser ihren Marktanteil von 23,7 auf 34,8 Prozent erhöhen.[4]

Die Entscheidung zur Privatisierung war eine politische. Nachdem seit 1985 die Verwaltung der Krankenhäuser zunehmend Ländersache war, wurde auch bei der Privatisierung der Krankenhäuser weitgehend Länderpolitik betrieben. Heute hat Hamburg mit 55 Prozent den größten Marktanteil privater Krankenhäuser – in anderen Ländern wie dem Saarland ist der Anteil verschwindend gering! Gegen die Privatisierung des „Landesbetrieb Krankenhäuser Hamburg“ (LBK) durch CDU, Schill-Partei und FDP, fand ein Volksentscheid statt, der mit 76,8 Prozent gegen die Privatisierung ausfiel. Kurze Zeit später privatisierte die CDU die Kliniken.[5] Von seinen Profiten kaufte sich der Großkonzern Asklepios 2014 das Luxushotel Atlantic.[6]

Private Krankenhäuser haben weniger Personal und stellen weniger Betten zur Verfügung.[7] Sieht man sich an, welche Operationen private Krankenhäuser durchführen, wird klar, dass sie vor allem profitable Operationen durchführen. So behandeln Private zwar nur 16,7 Prozent aller Patienten, aber 24,8 Prozent aller Kniegelenksarthrosen und 24,8 Prozent aller Bandscheibenschäden. Gleichzeitig kommen die typischen Erkrankungen älterer Menschen, zum Beispiel chronisch obstruktive Lungenerkrankungen, unter ihren Top-20 Diagnosen (anders als bei öffentlichen Krankenhäusern) nicht vor.

Für die Konzernchefs der großen Krankenhausmonopole Fresenius Helios, Asklepios, AMEOS usw. geht der Plan auf: ihre Kliniken übernehmen den Teil der Operationen, der Profit abwirft. Die Öffentlichen „machen den Dreck weg“ und erwirtschaften schlechtere Zahlen.

Privatisierungen und Corona

Private Kliniken beschäftigen weniger Personal, haben weniger Betten und sind schon im Normalzustand dauerüberlastet und unterversorgt. Das kostet – schon im Normalzustand – Leben.

Erhöht sich der Bedarf darüber hinaus, beispielsweise während der Corona-Krise, auch nur leicht, sind die Krankenhäuser sofort überlastet. Dazu kommt, dass sie nach wie vor eine Politik des Profits verfolgen: Patienten, die sie nicht annehmen wollen, nehmen sie nicht an – außer sie werden dazu gezwungen.
Schon im Normalzustand führt diese Politik dazu, dass das Personal keine Zeit hat für so einfache Dinge wie die Händesdesinfektion – in Zeiten von Corona ein echter Hammer, der alle Kollegen und Patienten akut gefährdet. Das Reinigungspersonal und die Essensausgabe wurde in den letzten Jahrzehnten noch dazu outgesourct – und sind jetzt überlastet und viel zu schlecht ausgerüstet.

Die Privatisierungspolitik in den Krankenhäusern entspringt nicht dem morbiden Humor einzelner Großkapitalisten, sondern dem Druck, ihr Geld anzulegen und weiter zu vermehren, unter dem Kapitalisten systematisch stehen. Ein profitorientiertes Gesundheitswesen ist die logische Folge der kapitalistischen Privatisierungspolitik – und so oder so das Rezept zur Unterversorgung. Corona ist dafür nicht Auslöser, sondern nur ein weiterer Beweis.

Unser Programm der Verstaatlichungen

Nicht nur im Gesundheitswesen zeigt Corona uns zweierlei: Erstens ist ein profitorientiertes Finanz- und Produktionssystem allgemein nicht in der Lage, das, was zur einfachen Versorgung der Bevölkerung notwendig ist, kostengünstig, planvoll und bedarfsorientiert zu produzieren. Zum anderen reichen Teilverstaatlichungen, die allein Verluste auf die Bevölkerung abwälzen und die privaten Finanziers über die Krise hinwegretten sollen, bei weitem nicht aus! Im Gegenteil: Sie sind der Garant für das Ausbluten der öffentlichen Haushalte und die Verschärfung der sowieso schon himmelschreienden sozialen Ungleichheit.

Kleine Reförmchen werden an der allgemeinen Tendenz pro-kapitalistischer Politik von SPD, CDU, FDP und Grünen nichts ändern.

Als Sozialistinnen und Sozialisten stehen wir für eine radikale, politische Veränderung, die den Weg aus einer profitorientierten und menschenverachtenden Wirtschaft hin zu einem demokratisch geplanten Wirtschaften entlang der Bedürfnisse weist.

Dass der chinesische Staat mit weitergehenden Maßnahmen auf den Ausbruch des Coronavirus reagiert hat, liegt vor allem daran, dass der Staat nach wie vor weitere Teile der chinesischen Wirtschaft kontrolliert als es in Deutschland der Fall ist. Auch das ist aber nicht die Staatsform für die wir kämpfen – denn zum einen werden auch in China (oder Kuba) mehr und mehr Marktmechanismen eingeführt, und zum anderen herrscht dort nicht die politische Freiheit und demokratische Verwaltung durch die Beschäftigten, für die wir kämpfen. So hat auch der chinesische Staat die Veröffentlichung wichtiger Informationen über Corona verschleppt, kritische Ärzte eingeschüchtert und dergleichen mehr.

Wir kämpfen für die Verstaatlichung der Schlüsselindustrien, Banken und aller versorgungsrelevanter Wirtschaftsbereiche – das aber nicht zeitlich begrenzt und nur teilweise, sondern langfristig und unter der demokratischen Kontrolle der einfachen Beschäftigten, Gewerkschaften und des Staates.

Nur eine solche, eine sozialistische Politik würde es erlauben, schnell und radikal auf Krisen wie Wirtschaftskrise und Coronavirus zu reagieren, ganze Produktionszweige sofort und nach einem demokratischen (und nicht von privaten Eignern für ihre Profite entwickelten) Plan bedürfnisorientiert umzustellen, von heute auf morgen den Bau neuer Krankenhäuser und Quarantänestationen zu beschließen, profitorientierte und gemeinschaftsschädigende Politik im Gesundheits- und Versorgungswesen zu unterbinden und im Sinne der Interessen der einfachen Bevölkerung zu handeln.
Wir kämpfen für:

  • Freistellung aller Beschäftigten in nicht-versorgungsrelevanten Bereichen bei voller Lohnfortzahlung.
  • Gesundheitswesen und gesundheitsrelevante Sektoren (z.B. Pharmaindustrie) in staatliche Hand! Demokratische Kontrollkomittees von Gewerkschaften und Kollegen in allen Krankenhäusern. Wiedereingliederung aller outgesourcten Bereiche (Hygiene, Essen,...) und Plan zur Einstellung von 160.000 Kolleginnen und Kollegen.
  • Volle Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge durch die Arbeitgeber.
  • Überführung der Krankenversicherungen in eine Öffentliche. Volle Beitragsfreiheit bei allen Behandlungen und Medikamenten!
  • Abschaffung des Patentrechts – Kostenlose Ausgabe aller gesundheitlich benötigter medizinischer Produkte
  • Sofortige und umfassende Offenlegung der Geschäftsbücher von Banken und Konzernen.
  • Sicherstellung der Versorgung: Deckelung der Preise für Güter des täglichen Bedarfs.
  • Jeder Job und jedes Einkommen muss erhalten bleiben.
  • Konzerne, die den nötigten Bedingungen nicht nachkommen, erfüllen nicht ihre Fürsorgepflicht und ihren gesellschaftlichen Nutzen. Enteignen und Fortführung unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung von Beschäftigten, Gewerkschaften und Staat!
  • Sozialistische Planung statt kapitalistischer Irrsinn: Sofortige Verstaatlichung der Banken und Großkonzerne unter demokratischer Kontrolle der Beschäftigten. Sofortige Umstellung auf eine bedürfnisorientierte Wirtschaft und einen demokratischen Produktionsplan zur Sicherstellung unserer Versorgung!

 

 

[1] In Hamburg zerrte der SPD-Senat die Verfasser des Volksentscheids für mehr Personal in den Krankenhäusern vors Verfassungsgericht, um einen erfolgreichen Volksentscheid zu verhindern
[2] Einen Artikel der Hamburger Morgenpost zu der entsprechenden Politik der Hamburger Endo-Klinik des Krankenhaus-Konzerns Helios siehe hier: https://www.mopo.de/hamburg/trotz-corona-business-as-usual-in-der-endo-klinik--36423384
[3] https://gesundheit-soziales.verdi.de/mein-arbeitsplatz/krankenhaus/++co++9979671c-63bd-11e7-bbf9-525400afa9cc
[4] https://www.krankenhaus-statt-fabrik.de/129
[5] https://taz.de/Privatisierung-in-Hamburg/!5047372/
[6] https://www.mopo.de/hamburg/hamburger-luxus-hotel-asklepios-kliniken-kaufen-das-hotel-atlantic--217976
[7] https://www.boeckler.de/pdf/v_2009_01_22_schultenboehlke.pdf

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