In der vergangenen Wahlkampagne haben SPD und Grüne Wählerinnen und Wählern große Versprechungen gemacht. Dabei haben uns diese Parteien, die seit Jahrzehnten an etlichen Landes- und Bundesregierungen beteiligt waren, das Blaue vom Himmel versprochen.

Gerade die SPD führte eine Kampagne, die den gesamten Inhalt ihrer Politik in der Großen Koalition verleugnete: Gegen die sozialen Härten von Hartz IV, Armut, für eine Erhöhung des Mindestlohns und eine Senkung der Mietkosten will die Partei nun eintreten.

SPD und Grüne werden keine Monate Zeit haben, um sich ihre Versprechungen noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Der Winter steht an, und mit ihm eine Inflationsrate Richtung 5%, die die Reallöhne drastisch fallen lässt. Sehr schnell wird sich zeigen, ob sie auch nur ansatzweise für mehr stehen als ein Weiter so des boshaften Krieges gegen Arbeiter und Arme, von Arbeitsplatzabbau, Hartz IV, Altersarmut,… der von der Großen Koalition fortgeführt wurde.

Die Unternehmensgewinne steigen, parallel dazu die Preise!

Der durchschnittliche Strompreis in Deutschland wird in diesem Jahr ein Rekordhoch erklimmen: Zwar hatte die Bundesregierung versprochen, die steigenden Preise bei Gas und Öl durch den CO2-Preis würden durch sinkende Strompreise kompensiert. Doch tatsächlich stiegen die Strompreise vom zweiten Halbjahr 2020 auf das erste in 2021 um 4,7% – etwa 50 Euro im Jahr für einen Drei-Personen-Haushalt,[i] Tendenz steigend.

Und das Schlimmste steht noch bevor: Laut Verivox haben 38 Gasanbieter für September bis November Preiserhöhungen für Gas von durchschnittlich 13 Prozent angekündigt.[ii] Goldman Sachs zufolge werden für den Winter regionale Versorgungsengpässe bei der Gasversorgung und ein enormer Anstieg der Heizkosten erwartet.

Hinter dieser Energiekrise steckt die Krise des Kapitalismus. Sehen wir uns die Gasproduktion an: Während der Pandemie wurde die Produktion deutlich heruntergefahren – der Gaspreis sank auf rund 5 Euro. Mit dem Wiederanlaufen der Produktion wurden überproportionale Mengen abgerufen, Gas erreichte Preise von über 70 Euro die Megawattstunde. Für private Haushalte kommen weitere Kostenfaktoren hinzu: Die Mehrwertsteuer, die wieder von 16 auf 19 Prozent angehoben wurde, und die EEG-Umlage, die rund 20 Prozent der Stromkosten ausmacht.

Kapitalistische Anarchie gefährdet Energieversorgung

Konnten Energiekonzerne und Politiker das Ende des Lockdowns nicht absehen? Doch! Warum wurde dann nicht vorausschauend mit den Energieressourcen gewirtschaftet, wenn bekannt ist, dass Energieknappheit vor allem für Arbeiter und Arme zur sozialen Katastrophe führt?

Wir müssen die Frage anders stellen: Warum sollte ein kapitalistischer Konzern Gas produzieren, wenn es auf dem Markt für nur 5 Euro zu haben ist und seine Lagerung Geld kostet?[iii] Und warum sollten lokale Versorger jetzt, wo das Gas so teuer ist, Vorräte zur Gasspeicherung einkaufen? Ein Teufelskreis, der sich auf dem kapitalistischen Energiemarkt ewig weiterspinnen lässt...

Das Bundeswirtschaftsministerium folgt der gleichen Logik: „Über die Befüllung von Speichern entscheidet der Markt, das heißt, konkret entscheiden die Händler, die die entsprechenden Kapazitäten gebucht haben, ob und wieviel Erdgas sie einspeichern.“[iv]

Wie der Markt entscheidet, können wir deutlich erkennen: Für die Profite der Konzerne, gegen die Arbeiter. Erst Ende September wurde bekannt, dass E.on – der mächtigste deutsche Energieriese – 2021 die höchste Dividendenrendite aller deutschen DAX-Konzerne auszahlen wird.[v] 2020 machte der Konzern bereits einen Überschuss von 1,6 Mrd. Euro.[vi]

Die Preiserhöhung an den Märkten wird 2021 wie üblich auf die Verbraucherpreise umgelegt werden. Gleichzeitig ist abzusehen, dass die Senkung der EEG-Umlage, zu der es 2022 kommen soll, kaum zu Preisminderungen führen wird. Wird die Produktion teurer, steigen die Preise, sinken die Produktionskosten, werden die Profite von den Konzernen eingestrichen: das ist die reale Enteignung der Verbraucher durch die Aktionäre, nichts anderes als eine große Umverteilungsmaßnahme.

Und nicht nur die Anarchie in der Produktion, die dazu führt, dass die Preise steigen wenn wir die Versorgung am dringendsten bräuchten – zum Vorteil der Konzerne – auch die Anarchie der Börse straft Liberale und Anhänger des „grünen Kapitalismus“ Lügen: Zuerst beflügelten steigende Gaspreise die Spekulation mit Flüssiggas.[vii] Doch nicht nur das: Als mit dem Wiederanlaufen der Produktion nach den Pandemiemonaten der Stromverbrauch und damit auch die Auslastung der Kohlekraftwerke stieg, stiegen auch die Preise der CO2-Zertifikate rasant. Der Preis, der lange bei etwa fünf Euro die Tonne lag, knackte im September getrieben von Spekulationen die 60€-Marke.[viii]

Höhere Strompreise – so der Lügenkanon der bürgerlichen Medien – gehören zum Gesamtkonzept der „grünen Energiewende“. Hohe Preise für alle? Nein! Der Handel mit den CO2-Zertifikaten macht einige wenige Broker und Spekulanten reich. „So retten sie die Welt – und verdienen Geld dabei“ titelt das Springer-Blatt Welt.[ix] Doch niemand außer die Profite der Reichen wird durch die CO2-Zertifikate gerettet![x] Ihr Reichtum finanziert sich aus der Energiearmut der Unterschicht.

Genauso ist es bei der EEG-Umlage: Durch sie werden die Kosten für den Ausbau erneuerbaren Energien auf den Verbraucher umgelegt. Und während sie Strompreise und Mietnebenkosten in die Höhe treibt, werden Großkonzernen weitreichende Vergünstigungen eingeräumt.

Diktatur des Kapitals brechen: Energiekonzerne enteignen!

Die Fakten sprechen eine klare Sprache: Der Markt hat die Probleme der Energieversorgung nicht gelöst, er hat sie verursacht.

Für einfache Menschen wird das im Winter eine soziale Katastrophe bedeuten. Jedes Jahr wird im Schnitt 300.000 Haushalten der Strom abgedreht.

Dabei ist das größte Problem nicht Mangel, sondern mangelhafte Planung und Verteilung, oder besser, Planung und Verteilung für den Profit, nicht für eine menschenwürdige Energieversorgung.

Ebenso wie die kapitalistische Anarchie am Anfang der letzten Wirtschaftskrise zu unzähligen Öltankern vor internationalen Küsten führte, die auf steigende Preise warteten, führten Einbrüche der Gaspreise zum Nachlassen der Produktion und steigende Preise dazu, dass Lager nicht gefüllt werden. Für die Profitchancen der Konzerne spielt es keine Rolle, ob in den Monaten darauf Versorgungsengpässe, Stromausfälle oder Preisexplosionen den Verbrauchern das Leben schwer machen.

Und erst wenn Strompreise explodieren und Gas knapp wird, wird die Tragweite des Problems deutlich. Schließlich sind nicht nur private Haushalte, sondern auch die gesamte öffentliche Infrastruktur von der Energieversorgung abhängig: Schulen, Elektrobusse, öffentliche Anzeigen, Krankenhäuser,… Sie alle werden zur Rettung der Profite der CO2-Spekulanten und Energieriesen in den kommenden Monaten herhalten müssen.

Die voraussichtlich bald regierenden Parteien haben uns ihre Rezepte zur Lösung des Problems vorgestellt: sie wollen, dass der CO2-Preis steigt, aber die EEG-Umlage abgesenkt wird. Aber niemand kann die Stromkonzerne zwingen, die sinkende EEG-Umlage an Verbraucher weiterzugeben!

Robert Habeck schlägt vor, die Absenkung der Umlage noch dazu durch Steuergelder zu kompensieren, und wird dabei vom Chef von E.on unterstützt. Die Steuerzahler sollen also die Umstellung auf Erneuerbare finanzieren. Wenn immer von der „Verantwortung“ der Unternehmer geredet wird, ist damit wohl nicht gemeint, dass Dividenden einbrechen könnten, wenn die Regierung den Ausstieg aus Kohle- und Kernkraft beschließt. Nein – die Dividenden sollen durch öffentliche Gelder geschützt werden!

Es ist völlig klar: Die privaten Energieriesen werden die Versorgungsprobleme nicht lösen. Und dabei hängt ein ganz beträchtlicher Teil des öffentlichen Lebens von ihnen ab. Es darf nicht sein, dass die Bedingungen dieses Lebens von den Profitinteressen dieser Konzerne diktiert werden, und wir dieses System der privaten Bereicherung durch unsere Abgaben finanzieren sollen!

Statt die Energieversorgung der Anarchie des Marktes und seiner Zerstörungswut zu überlassen, müssen Energieriesen enteignet, verstaatlicht und ihre Produktion unter demokratischer Kontrolle im Interesse der gesamten Bevölkerung sinnvoll geplant werden. Stromsperren müssen sofort beendet werden, und auch ökologische Belange können so endlich angegangen werden.

Ebenso muss der Handel mit versorgungsrelevanten Ressourcen in staatlicher Hand liegen, und darf nicht Börsenspekulanten und Großkonzernen überlassen werden!

Die Strompreiskrise macht deutlich: Der Kapitalismus zerstört unser Auskommen und gefährdet unsere Lebensbedingungen. Wir brauchen eine sozialistische Revolution, um dem Elend der kapitalistischen Zerstörung zu entgehen!

 

[i] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/10/PD21_466_61243.html#:~:text= Halbjahr%202021%20im%20Durchschnitt%2032,die%20Gaspreise%20gegen%C3%BCber%20dem%202

[ii] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/wie-entsteht-der-gaspreis-101.html

[iii] Nicht ohne Grund einigte sich die OPEC 2020 im Angesicht des drastischen Nachfrageeinbruchs auf eine Drosslung der Produktion. https://thebarentsobserver.com/en/industry-and-energy/2021/01/russias-oil-production-sharply-down-here-comes-new-arctic-offshore  https://www.bp.com/content/dam/bp/business-sites/en/global/corporate/pdfs/energy-economics/statistical-review/bp-stats-review-2021-russia-insights.pdf

[iv] https://www.tagesspiegel.de/politik/gaspreis-auf-allzeithoch-kann-russland-kein-gas-produzieren-oder-haelt-putin-es-bewusst-zurueck/27619878.html

[v] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/173165/umfrage/dividendenrendite-der-dax-unternehmen/

[vi] https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/jahreszahlen-eon-chef-teyssen-verabschiedet-sich-mit-ergebnisplus-und-loest-die-probleme-in-grossbritannien/27035120.html

[vii] Der Kubikmeter Gas wird von seiner Gewinnung in Sibirien bis zur Wohnung deutscher Verbraucher etwa zehnmal gehandelt – das schafft jede Menge Raum für Preisspekulationen https://www.spiegel.de/wirtschaft/service/gaspreis-explosion-so-trotzen-sie-den-erdgas-spekulanten-in-drei-schritten-a-1244176c-e14b-4f55-9822-baffc65d1b44

[viii] https://www.faz.net/aktuell/finanzen/co2-zertifikate-rasanter-preisanstieg-knackt-60-euro-marke-17529242.html

[ix] https://www.welt.de/finanzen/geldanlage/plus193716057/CO2-Zertifikate-Die-Welt-retten-und-dabei-reich-werden.html

[x] Auch Großkonzerne wie Tesla haben aus dem Verkauf der Verschmutzungsrechte mittlerweile ein Milliardengeschäft gemacht https://www.manager-magazin.de/unternehmen/autoindustrie/tesla-elon-musk-verkauft-co-zertifikate-fuer-milliarden-an-fiat-und-general-motors-a-1270695.html

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