Während derzeit das Privatleben immer weiter heruntergefahren wird, laufen die Betriebe weiter. Statt drastische Maßnahmen auch in der Wirtschaft durchzusetzen, werden die Profite der Kapitalisten nicht angetastet. Wozu das führt, kann man an den momentanen Infektionszahlen und etlichen Beispielen sehen: Tönnies, Wiesenhof, jetzt Airbus in Hamburg.
Keine Einschränkung der Wirtschaft, stattdessen satte Gewinne für private Eigner
Parallel dazu gibt es milliardenschwere Rettungspakete ohne soziale Verpflichtungen, zur Rettung der Profite. So wurden alleine im März 2020 500 Milliarden Euro „Stabilisierungsfonds“ in Form von Kreditgarantien und Unternehmensbeteiligungen für Großunternehmen bereitgestellt , während gleichzeitig trotzdem Massenentlassungen durchgesetzt und Personalkosten durch Kurzarbeitergeld aus der Sozialkasse finanziert werden. Zum Beispiel hat Lufthansa trotz der 9 Milliarden an Steuergeldern, die der Konzern bekommen hat, vor, 11.000 Stellen in Deutschland zu streichen.
Doch dass das – anders als es die Kapitalisten behaupten – nicht „unausweichlich“ ist, zeigen die Profite. Douglas hat trotz eines Gewinns von 3,2 Milliarden Euro im Jahr 2020 56 Filialen geschlossen und 500 Mitarbeiter entlassen und das alles unter dem Deckmantel der Pandemie. Doch der eigentliche Grund war der schon lange gewollte Umstieg auf Online-Handel. Das gleiche Spiel findet überall statt. Der Autozulieferer Continental hat fast 13.000 Stellen gestrichen, um Fixkosten abzubauen. Genauso versucht es auch die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), die ca. 2000 Stellen abbaut, um die Terminals weiter zu Automatisieren. Diese Aufzählung lässt sich noch lange fortführen.
Angriffe auf das Gesundheitswesen
Obwohl Deutschland anteilig am BIP vergleichsweise das meiste Geld in Rettungspakete für Banken und Konzerne gesteckt hat, ist für die Krankenhäuser, Schulen und Arbeiter kein Geld da. Stattdessen wird das Gesundheitswesen trotz der katastrophalen Lage weiter kaputt gespart und privatisiert. Seit dem Anfang der Pandemie kommen immer wieder Berichte auf, dass mehr Krankenhäuser privatisiert werden, da diese sonst „Verluste machen würden“. Eins der neuesten Beispiele ist das kirchliche Krankenhaus Groß-Sand in Hamburg, das an einen privaten Träger verkauft werden soll. Auch die Lage der Krankenpfleger und Krankenpflegerinnen wurde nicht verbessert. Statt mehr Gehalt gab es einmalige Zahlungen – wenn überhaupt – und die Arbeitsbedingungen wurden weiter verschlechtert: 12h Schichten, Ruhezeiten auf 9h verkürzt, nicht genug Ausrüstung, mehr Überstunden, trotz Corona-Infektion und privater Quarantäne zur Arbeit.
Home Office
Nicht alle müssen momentan jeden Morgen in der vollkommen überfüllten Bahn zur Arbeit fahren – in manchen Betrieben wurde Home Office eingeführt. Doch während Reiner Hoffmann, Vorsitzender des DGB, die Vorstöße der Bundesregierung zur Ausweitung des mobilen Arbeitens als „Meilenstein für die Arbeit der Zukunft“ begrüßt, beinhaltet es tatsächlich große Gefahren für Kolleginnen und Kollegen: der gesetzlich verankerte Schutz der Wohnung wird aufgeweicht und die Entgrenzung der Arbeit nimmt zu. Eine Studie des Unternehmens HubSpot ergab, dass 44 Prozent der Befragten im Home Office mehr als 8 Stunden täglich arbeiteten. Außerdem boomte, als die Heimarbeit während Corona an ihrem Höhepunkt war, zeitgleich der Markt für digitale Spionagesoftware, mit der Arbeitgeber ihre Beschäftigten ausspionieren können. Kollektive Gegenwehr dagegen ist unter den Bedingungen der Vereinzelung im Home Office deutlich erschwert.
IG Metall
All das macht deutlich: Die derzeitige Krise wird genutzt, um vom deutschen Kapital lange gewollte strukturelle Eingriffe in die Betriebe durchzusetzen. Der Anteil von Kurzarbeitern in den Betrieben wurde im vergangenen Jahr, begleitet von den Jubelrufen der Gewerkschaftsspitzen, vollständig dereguliert. Weiterhin wird das Arbeitsrecht ausgehebelt, wie bei den Metallarbeitern in NRW, wo kurzfristig letztes Jahr eine 60-Stunden-Woche eingeführt wurde.
Gerade die Gewerkschaftsspitzen spielen dabei eine wichtige Rolle, die Propagandabegriffe der Arbeitgeber aktiv in den Belegschaften zu verteidigen: Seit Jahren verteidigt die Spitze der IG Metall die Logik der Arbeitgeber, die „digitale und ökologische Transformation“ der Unternehmen, die unweigerlich anstünde, sei nicht ohne drastische „Umstrukturierungen“ (Stellenkürzungen und Sozialabbau) durchzusetzen. Im Zuge dessen akzeptieren die Funktionäre der IG Metall auch die anstehende Zerschlagung der Stahlsparte von ThyssenKrupp und erklären in einem Brief an die Beschäftigten, die IG Metall ginge den „Weg der Transformation des Unternehmens konstruktiv“ mit – ebenso den Weg zu „newtk“ – einer Offensive der Thyssen-Krupp Manager, unter deren Deckmantel der Ausverkauf des Unternehmens und der damit einhergehende Sozialabbau organisiert werden soll.
Gegen Umstrukturierung und Deindustrialisierung kämpfen!
Gegen diese massive Umstrukturierung und Deindustrialisierung der deutschen Wirtschaft müssen die DGB-Gewerkschaften klare Forderungen aufstellen: ThyssenKrupp, die Stahlsparte ebenso wie alle anderen Sparten des Konzerns, und alle Schlüsselindustrien müssen verstaatlicht und unter Kontrolle der Beschäftigten demokratisch geplant werden! Denn die ökologische Konversion dieser bedeutsamen Industriezweige ist technisch möglich, und die Stahlindustrie ist ebenso wie der Energiebereich oder die Lebensmittelproduktion und Pharmaindustrie von höchster Bedeutung für die Güterproduktion und Bedürfnisbefriedigung der Bevölkerung. Nur die Regeln des Profits, die für die privaten Eigner und Manager der Konzerne gelten, setzen dem eine Grenze!
Statt offensive Kampagnen in diesem Sinne zu führen, verkauft die IG Metall Anpassungen der Arbeitszeit – wie schon bei der vergangenen Metall-Tarifrunde im Bund – unter dem Deckmantel der „Arbeitszeitverkürzung“ als Fortschritte, obwohl mit den Abschlüssen jeweils eine weitere Flexibilisierung einhergeht. Das Gleiche konnten wir letztes Jahr im öffentlichen Dienst beobachten, als verdi Errungenschaften, die keine waren, mit demselben Schlagwort der Arbeitszeitverkürzung als Gewinne präsentierte.
Statt klaren Lohnforderungen wurde ein Transformationsgeld ,,erkämpft", welches als jährliche Sonderzahlung erstmals im Februar 2022 ausgezahlt werden soll. Nicht nur das diese Sonderzahlung (18,4% eines Monatsgehalts) hochgerechnet gerade einmal 2,3% Entgeltsteigerung bedeutet – es muss nicht mal ausgezahlt werden! Beschäftigte und Management können sich statt Auszahlung auf eine Arbeitszeitverkürzung einigen. Im Endeffekt also nur eine weitere Möglichkeit zur Flexibilisierung auf Kosten des Lohnes, ein weiteres Geschenk an die Bosse.
Das alles schreit nach einem Kampftag der Arbeiterklasse!
...als Chance, in die Offensive zu gehen, gegen den Klassenkampf von oben, gegen Betriebsschließungen, für besseren Arbeitsschutz, gegen Kurzarbeit, für eine wirkliche Eindämmung des Virus und bessere Arbeitsbedingungen! Gerade jetzt, vor der Bundestagswahl und mitten in der Krise müssen wir vorhandene Ansätze ausbauen und die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung auf alle Sektoren ausweiten!
Dafür brauchen wir kämpferische Gewerkschaften mehr denn je. Doch statt kompromisslos zu kämpfen – denn das Potenzial ist da, wie viele Beispiele zeigen – machen die Gewerkschaftsführer weiter Zugeständnisse und setzen auf Sozialpartnerschaft, was zum Ausverkauf, Stellenabbau und weiterer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen führt. Statt für Streiks zu mobilisieren und die Belegschaften aufzurufen zu kämpfen, passiert meist das Gegenteil. Es ist scheinbar in Ordnung, jeden Tag in überfüllten Zügen zur Arbeit zu fahren und dort in riesigen Werkshallen zu arbeiten, aber nicht, draußen gegen die Verschlechterungen zu streiken. So wurden aktive Kämpfe oft ausgesetzt unter der Prämisse des Infektionsschutzes, wobei es in Wirklichkeit nur um den Schutz der Profite ging. So werden Verschlechterungen und bloßer Inflationsausgleich als Gewinne bezeichnet und weitere Verschlechterungen zugelassen.
Ein gutes Beispiel dafür, dass es nicht unmöglich ist, sich dem Druck von Oben zu widersetzen und eine Nullrunde, wie von den Kapitalisten angekündigt, zu verhindern, zeigt die Metall-Verhandlungsrunde in NRW. Nach 4 Wochen Streik mit insgesamt einer Beteiligung von einer halben Million Beschäftigten und ca. 200.000 pro Tag zeigt, was für ein Potenzial da ist. Es konnte eine Corona-Prämie von 500€ sowie eine Arbeitsplatzgarantie für 3 Jahre erkämpft werden - trotz der versöhnlichen Gewerkschaftsführer. Was wäre wohl erst durch kämpferische Gewerkschaftsführer möglich gewesen?