In „Marxismus in Unserer Zeit“ beschreibt Leo Trotzki das Stadium des Kapitalismus und die Notwendigkeit des Sozialismus in den 30er-Jahren aus marxistischer Sicht – eine Schilderung, die zur heutigen Krise passt wie die Faust auf’s Auge.

Trotzki beschreibt, wie im Angesicht der tiefen Wirtschaftskrise 1929 die USA sich in ihrem Aufstieg zur Weltmacht vom Vermögen vergangener Generationen den „New Deal“ leisten, um ihren Kapitalismus über die Krise hinüberzuretten. Wie der deutsche Imperialismus – hinabgedrückt von der Bürde des Versailler Vertrags – sich eine solche Politik nicht leisten kann, und die politische Macht den Faschisten überträgt. 

Denn, wie er schreibt: „[d]ie Politik des New Deal [...] ist in ihrer breitesten Anwendung nur für sehr reiche Nationen anwendbar“. „Eine Nation, deren Reichtum rapide wächst, hat genügend Reserven, um die Klassen und die feindlichen Parteien zu versöhnen. Wenn sich dagegen die sozialen Gegensätze verschärfen, so heißt das, daß die Basis der Kompromißpolitik dahinschwindet.“

1930 und 2020

Schon die Ereignisse 1930 waren – wie es Trotzki nachvollzieht – Ausdruck der Zuckungen und Kontraktionen des modernen, alterskranken Kapitalismus. Nicht weniger haben wir es heute mit einem Kapitalismus im Niedergang zu tun: im Jahr 2020 stellt sich mit Coronapandemie und Wirtschaftskrise die Frage nach Sozialismus oder Barbarei vielleicht schärfer denn je.

Gleichzeitig sehen wir den kapitalistischen Westen nicht in einer Phase der Blüte, sondern herabgedrückt von massiven Staatsschulden und der Schwäche auf dem Weltmarkt, konfrontiert mit der aufsteigenden Macht China. Austerität und Autoritarismus, mit denen wir es heute zu tun haben, sind Anzeichen einer herrschenden Klasse im Abstieg.

Kapitalismus im Niedergang

Der Kapitalismus hat seine Fortentwicklung weitgehend abgeschlossen. Die Länder dieser Erde sind größtenteils unter den imperialistischen Weltmächten aufgeteilt – heutige Kämpfe drehen sich um die Umverteilung dessen, was bereits besetzt und geraubt wurde, und degradieren verarmte Landstreiche immer mehr zu „failed states“.

Die Diktatur des Finanzkapitals kommt stärker denn je zum Vorschein und die Konzentration des Kapitals war nie so groß wie heute. Die Konkurrenzwirtschaft aus der Frühzeit des Kapitalismus hat einer weitgehenden Monopolisierung Platz gemacht. Nur 147 Konzerne – weniger als 1% aller weltweiten Firmen – kontrollieren heute mehr als 40% der international operierenden Unternehmen. Unter ihren 50 mächtigsten sind 49 Finanzinstitutionen und die China Petrochemical Group. Allein die 10 größten deutschen Unternehmen machen über eine Billionen Euro Umsatz, mehr als ein Viertel der gesamten Wirtschaftsleistung einer der größten Volkswirtschaften der Welt.

Und wie die Gliedmaßen des Kapitalismus altern, haben sich auch seine Krisen verändert. Die wichtigste Krisenursache heute ist die massive Überakkumulation des Kapitals, die Überproduktion der Konzerne und die Blasenbildung an den Finanzmärkten – direkte Folgen der überragenden Macht des Finanzkapitals und der Konzentration von Unmengen an Profiten in immer weniger Händen. Das allein ist der Grund, warum sich heute zwar immer mehr Geld auf dem Markt befindet, aber in den Händen so weniger Personen, dass die größten Wirtschaften sich mehr vor einer Deflation fürchten als vor Inflation. Das Geld wird gehalten – aber nicht mehr produktiv investiert. Der Kapitalismus hat ein Stadium der parasitären Dekadenz erreicht.

Das kapitalistische System leidet an Altersschwäche. Der Ausbruch eines Virus kann – im wahrsten Sinne! – die Märkte über die Klippe stürzen und einen freien Fall der Aktienkurse auslösen. Auch hat die enge Verkettung der internationalen Produktion und Finanzmärkte ihn anfällig gemacht. Kommt es zu Lieferausfällen kleinster Produktionsteile oder zu einer Unterbrechung der Nachfrage, kommen in Zeiten von „Just in time“ ganze Produktionsketten zum Stillstand. Dafür sollen die Beschäftigten zahlen – mit Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit!

Folgen der Krise

Nie wird so deutlich wie in der Krise, dass der Kapitalismus nicht in der Lage ist, sein Versprechen von Fortschritt und Wohlstand für Alle zu halten. Von der angeblichen „trickle down economy“ tropft nichts nach unten – Profite werden massiv nach oben umverteilt! Während nach der Krise 2008 Massen auf den Straßen Griechenlands ins Elend gestürzt wurden und die Prostitution in Athen um 1500 Prozent anstieg, haben deutsche Konzerne griechische Flughäfen für einen Spottpreis ausgeschlachtet.

Auch die heutige Krise wird – so lange wir das nicht verhindern – von einem massiven Umverteilungsprogramm nach oben begleitet. Millionen sollen in die Kurzarbeit gedrängt werden. Von den hunderten Milliarden, die nun Banken und Großkonzernen zugeschoben werden und der Übernahme der Sozialbeiträge durch die Arbeitsagentur zugunsten der Arbeitgeber wird nichts nach unten durchgereicht. Zur gleichen Zeit sollen 44 Milliarden Euro in Dividenden an die Eigner der DAX-Konzerne ausgeschüttet werden! Unten wird gespart, weil oben gezockt wird.

Immer wieder wird gesagt, die Herrschenden hätten auf Corona und Wirtschaftskrise „planlos“ reagiert. Aber diese Maßnahmen verfolgen einen Plan: der Enteignung der Arbeitenden und Armen für die Profite der Reichen!

Kapitalistische Verschwendung

Diese Politik macht nur für diejenigen Sinn, die Quandt oder Klatten heißen. Für uns ist sie widersinnig, entgegen unseren Interessen und Bedürfnissen.

Es ist kaum mehr vorstellbar, in welchem Maß die kapitalistische Profitlogik zu sozialer Zerstörung und Verschwendung führt. Sehen wir uns den Arbeitsmarkt an: per ministerialer Verordnung wurden aktuell die 60-Stunden-Woche und der 12-Stunden-Tag eingeführt – eine Zerstörung von arbeitsrechtlichen Standards, die vor über 100 Jahren in Deutschland eingeführt wurden! Zur gleichen Zeit werden bis Ende des Jahres leicht 2 Millionen und sehr wahrscheinlich deutlich mehr auf Kurzarbeit gesetzt.

Laut offiziellen Zahlen – die einige Langzeitarbeitslose, Hausfrauen und –männer und Menschen in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nicht einrechnen – waren in den letzten 10 Jahren (2009-19) im Schnitt 2,8 Millionen arbeitslos. Geht man davon aus, dass ein durchschnittlicher Beschäftigter 213 Tage im Jahr arbeitet, bei 8 Stunden am Tag, so sind schon laut der offiziellen (schöngerechneten!) Arbeitslosenstatistik in den letzten zehn Jahren 47.712.000.000 Arbeitsstunden – sprich 28.000.000 Arbeitsjahre eines einzelnen Arbeitenden – rein durch Arbeitslosigkeit verschwendet worden. Dazu kommen nun weitere etliche Stunden, in denen Menschen in die Kurzarbeit oder Zwangsteilzeit geschickt werden, weil sie für ihren Konzern keine Profite erwirtschaften können, oder auf geringer Stundenzahl in der Zeitarbeit arbeiten. Stunden, die bitter gebraucht würden – dazu braucht man sich nur einmal marode Straßen, zerfallende Schulen und geschlossene Apotheken in den ärmeren Regionen unseres Landes, die Unterversorgung der Alten und Armen und das kaputt gesparte Gesundheitssystem ansehen!

Sehen wir uns die Ressourcenverschwendung an: Ende 2018 stand das Geldvermögen privater Haushalte in Deutschland bei 6,2 Billionen, vor allem in den Händen der reichsten Familien. Gleichzeitig sind die Investitionsquoten seit 2008 niedrig. Die reichsten Prozent besitzen so viel Geld, dass es unmöglich ist es zu konsumieren oder produktiv anzulegen, und sich auf den Aktienmärkten Spekulationsblasen bilden.

Gleichzeitig verfügt die ärmste Hälfte der erwachsenen Bevölkerung über 1,3 % des Nettovermögens – bei etlichen heben sich Verschuldung und Vermögen auf! Während die Kommunen, während unsere Nachbarschaften kaputt gespart werden, sitzen die reichsten Prozent auf Unmengen von Profiten und es kommt zu „Überakkumulationskrisen“, für die wir bezahlen!

Wir wollen demokratische Planwirtschaft und Sozialismus!

Für eine Welt ohne Hunger, Armut und Krieg fehlt es heute an nichts mehr – nicht an Ressourcen, nicht an Arbeitskraft oder technologischer Entwicklung.

Sieht man sich die Zahlen der zerstörerischen Verschwendung an, die der Kapitalismus bedeutet, wird deutlich: schon vom aktuellen Stand aus wäre eine entlang der Bedürfnisse demokratisch geplante Wirtschaftsordnung der heutigen, kapitalistischen Gesellschaft meilenweit überlegen.

Der rationale Einsatz der vollständigen vorhandenen Arbeitskraft nicht nach dem Gesetz des Profits, sondern nach unseren Bedürfnissen, würde die Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden, einen massiven Ausbau des Gesundheits- und Bildungssystems, eine deutliche Anhebung des Lebensstandards der ärmeren Hälfte der Bevölkerung ermöglichen. Arbeitslosigkeit ist kein Naturgesetz, sondern ein Produkt des Kapitalismus!

Kein Patentrecht würde mehr den günstigen Verkauf benötigter medizinischer Güter, oder die Vervielfältigung behindern.

Kein Reichtum würde sich mehr so sehr anhäufen, dass Massen in Ausbeutung und Armut und das Wirtschaftssystem in die Krise gestürzt werden.

Niemand würde mehr für einen Hungerlohn 40+x Stunden die Woche mühsam Putzeimer die Treppe hoch und runter schleppen, weil physische Arbeit dem Kapital keinen Pfifferling mehr wert ist.

Beiseite mit der Diktatur des Finanzkapitals!

Das alles ist auf einem einzigen Weg möglich: Dem Kampf gegen die Diktatur des Finanzkapitals in Betrieben und Gesellschaft. Nur wenn die Produktionsmittel, die Banken und Konzerne, aus den Händen ihrer parasitären Besitzer genommen und in die demokratische Kontrolle und Verwaltung der Arbeitenden und des Staates überführt werden ist echte Demokratie und ein Ende des Massenelends möglich.

Kämpf mit uns für ein sozialistisches Deutschland und die sozialistische Weltrevolution!

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