Mehr als eine Million in den Straßen von Barcelona, für die Republik und die Freiheit der politischen Gefangenen
Die Bilder der Märsche für die Freiheit, die von der Katalanischen Nationalversammlung (ANC) und Òmnium Cultural von Vic, Tàrrega, Tarragona, Girona und Berga (1) organisiert wurden und am frühen Nachmittag in Barcelona zusammenkamen, sagen alles. Die Menschenmassen, die sich an den Märschen beteiligten, sind eine Realität, die der Wahrheit viel näher ist als die dummen Tiraden des Innenministers oder die Verleumdungen der Fernsehjournalisten des Establishments. Am Morgen leerten Hunderttausende junger Schüler auf Anraten der spanischen Schülergewerkschaft (2) wieder die Klassenzimmer und veranstalteten eine massive Demonstration, die das Zentrum Barcelonas mit einer kämpferischen Atmosphäre ausfüllte.
Zu den Fakten: Der Generalstreik am 18. Oktober war stark im öffentlichen Bildungssystem und der Verwaltung, im Handel, wo die katalanische Regierung selbst sagt, dass zwischen 60 und 80 % des Wirtschaftszweiges zum Stillstand gekommen sind, im Personenverkehr, was sich in der U-Bahn, in den Regionalzügen der Generalitat (3) (FGC) und in Bussen sehr stark bemerkbar gemacht hat, und im Hafen der Hauptstadt, wo sich die Hafenarbeiter in einer massiven Kolonne der großen Demonstration angeschlossen haben. Generalitat-Daten sprechen von einem spektakulären Rückgang des Fahrgaststroms, 50% weniger in der U-Bahn, 47,6% in der FGC und 40% in der Straßenbahn. Auf den wichtigsten Straßen von Barcelona, Tarragona, Lleida und Girona fuhren kaum mehr Fahrzeuge und Streikposten organisierten auf mehr als einem Dutzend Straßen wie der A-2, der AP-7 oder der N-340 Verkehrskontrollen.
Nach Angaben von PIMEC (Assoziation mittlerer und kleiner Unternehmen in Katalonien) hatten 30% der Unternehmen in der Branche geschlossen und 68% der Arbeiter sind aufgrund von Streiks nicht zur Arbeit gegangen, während im Dienstleistungssektor 40% der Unternehmen geschlossen und 83,8% der Arbeiten eingestellt wurden. Ein weiterer Index, der die Dimensionen des Streiks misst, ist der Rückgang des Stromverbrauchs um 10,11%, ein Zehntel mehr als beim Generalstreik vom 3. Oktober 2017.
Diese Zahlen des Generalstreiks sind wichtig gerade wenn wir bedenken, dass der Streik von Minderheitengewerkschaften wie Intersindical-CSC, Intersindical Alternativa de Catalunya (IAC), USTEC und der Schülergewerkschaft, SEPC und anderen Gruppen sowie der militanten Linken ausgerufen wurde. Die größeren Gewerkschaften, die Führungen von UGT und CCOO, die - wenn auch halbherzig - zum Streik am 3. Oktober 2017 aufriefen, unterstützten den Streik diesmal nicht. Bei dieser Gelegenheit haben sie sich hinter dem 78er-Regimes, der PSOE-Regierung und den bürgerlichen Massenmedien versteckt.
Deshalb ist dieser Generalstreik umso wichtiger. Obwohl er von allen möglichen politischen Kräften boykottiert wurde, hat er die Hindernisse überwunden und gezeigt, dass die bremsende Haltung der Führungen von CCOO und UGT überwunden werden kann und dass die Kampagne der Kriminalisierung und Unterdrückung, die vom spanischen Nationalismus und einem von der Diktatur geerbten Staatsapparat ausgelöst wurde, keine Auswirkungen auf Millionen von Arbeitern und Jugendlichen in Katalonien gehabt hat, die für demokratische Rechte, gegen Repression und für die Republik eintreten.
Nach dem Streik war die nachmittägliche Demonstration in Barcelona erneut ein massiver Protest, bei dem die Empörung über das Urteil des Obersten Gerichtshofs und die polizeiliche Repression dieser Tage zum Ausdruck gebracht wurde und die feste Entschlossenheit, den Kampf bis zum Ende fortzusetzen. Hunderttausende von Menschen konnten den Protestzug nicht einmal erreichen, und mehrere Knotenpunkte (von Diagonal bis Gran Vía über den Passeig Gràcia ein guter Teil von Rambla und Plaza Catalunya) waren völlig überfüllt mit Menschen. Mehr als eine Million Menschen waren auf der Straße. Das hat nichts mit dem apokalyptischen Bild zu tun, das von der PSOE-Regierung und den Medien gemalt wurde, um die Aufmerksamkeit abzulenken. Die Leute demonstrierten friedlich und machten deutlich, dass die mit dem ersten Referendum vom Oktober 2017 freigesetzte revolutionäre Krise noch existiert.
Polizeiliche Repressionen und Infiltrationen
Wir müssen die Dinge sagen wie sie sind: Wir haben einen Aufstand eines ganzen Volkes erlebt, das nicht nur gegen das Urteil eines vom Franco-Regime vererbten Gerichts kämpft, sondern auch sein legitimes Recht auf Selbstbestimmung und sein Engagement für eine Republik in Anspruch nimmt, die den Alptraum des Regimes von 1978 hinter sich lässt.
Wir werden nie müde werden, zu wiederholen, dass wir in den letzten Tagen, wie in den letzten Jahren, friedliche Aktionen von Millionen von Arbeitern, von Jugendlichen, von einer Bevölkerung erlebt haben, die es leid ist, geknebelt zu werden und der grundlegende soziale und demokratische Rechte verweigert werden. Diese Machtdemonstration hat nichts mit den Aktionen einiger hundert maskierter Jugendlicher zu tun, die glauben, dass das Verbrennen von Containern und die Bekämpfung der polizeilichen Repression mit Steinen der kürzeste Weg zum Sieg ist.
Diese Form individuellen Gewalt ist eine Sackgasse und dient nicht der Bekämpfung der massiven Gewalt des Staatsapparates und seiner Polizeikräfte. Im Gegenteil, mit dieser Handlungsweise spielen die Maskierten, von denen viele von Polizeieindringlingen und Provokateuren ermutigt werden, in die Hände der Kriminalisierungskampagne, die die Regierung von Pedro Sánchez, die PP und die Ciudadanos von Anfang an geplant haben, um das katalanische Volk als terroristisch darzustellen.
Wir erleben eine abscheuliche Kampagne von Lügen, Verleumdungen und nationalistischer Propaganda. Sie sind sich der breiten und massiven Mobilisierungen dieser Tage bewusst, weshalb die bürgerlichen Medien sich auf Fotos verbrannter Container konzentrieren, um dem katalanischen Volk und der Jugend vorwerfen zu können, sie wären gewalttätig.
Es ist nicht das erste Mal in der Geschichte, dass solche Manöver stattfinden. Das Ziel des 78er-Regimes, der Regierung der PSOE, der Ciudadanos und der PP, besteht darin, den Kampf des katalanischen Volkes vom Rest des Staates zu isolieren und so maximale Verwirrung zu stiften. Sie müssen dies tun, um zu verbergen, dass sie die Einzigen sind, die unter Ausnutzung dessen, was sie „legitime Gewalt“ nennen, Demokratie durch Gewalt verhindern, diejenigen, die ein Referendum mit einer Dauer von 9, 10 oder 13 Jahren organisieren, inhaftieren und den Aktionen der Faschisten, die mit den Mossos (katalanische Polizei) und der nationalen Polizei sympathisieren, Flügel verleihen.
Die Repression wird verschärft werden und wohl auch gegen alle Organisationen, egal welcher Art, eingesetzt werden, die die gegenwärtige kapitalistische Ordnung bedrohen. Die Entscheidung des National High Court, die „demokratischen Tsunami“-Websites unter dem Vorwurf des „Terrorismus“ zu schließen, ist nicht nur eine brutale Aggression gegen die Meinungsfreiheit, sondern auch eine Warnung an alle. Die so genannte Demokratie für die herrschende Klasse und ihren Staat ist nur dann tolerierbar, wenn sie ihren Interessen nicht widerspricht. Kommt es zu ernsthaftem Widerstand, wird er ohne weiteres unterdrückt und die totalitären Tendenzen, die sich in den Staatsetagen verstecken, werden sichtbarer. Aber um eine solche Gewalt einzusetzen, müssen sie sich auf Manipulation und Lügen verlassen, um einen Teil der Bevölkerung dazu zu bringen, die Repression zu akzeptieren.
Das katalanische Volk und die Jugend an vorderster Front haben jedem eine Lektion erteilt. An diejenigen, die nach mehr polizeilicher Repression schreien oder den Ausnahmezustand fordern. Dem rechts-katalanischen Nationalisten an der Regierung, der von „Ungehorsam“ spricht, aber gleichzeitig die Mossos dazu bringt, uns zu schlagen, um die Straßen zu verlassen, und der in seiner Position ein katalanisches Innenministerium unterhält, das schon lange hätte entfernt werden sollen.
Auch die Millionen von Arbeitern und Jugendlichen, die heute die Protagonisten dieses politischen und sozialen Aufstands sind, verweisen auf die spanische Parlamentslinke, die sich wie Pontius Pilatus versteckt und uns Predigten hält, wir sollen unterwürfig zu sein und die Ungerechtigkeiten des Systems akzeptieren.
Wir können die Position der Führer der Unidas Podemos nur bedauern, die erneut eine große Gelegenheit verpasst haben, die Verantwortlichen für diese Situation anzugreifen, ein Ende der Repression zu fordern, das Recht auf Selbstbestimmung und die Republik zu verteidigen und dieser Kampagne der Lügen und Kriminalisierung entgegenzutreten. Statt Solidaritätsmobilisierungen im ganzen Staat einzuleiten und die Arbeiterklasse und Jugend zur Unterstützung ihrer katalanischen Brüder und Schwestern aufzurufen, halten uns Pablo Iglesias und Alberto Garzón Vorträge zur Verteidigung der Rechtmäßigkeit der monarchischen Ordnung.
Es ist unglaublich, dass diejenigen, die gekommen sind, um „gegen das Establishment zu kämpfen“, sich auf die Seite der „verfassungsmäßigen Ordnung“ von Knüppeln, Gummi- und Rauchgeschossen und dem Urteil des Obersten Gerichtshofs stellen. Dann, am 14. April (Jahrestag der 2ª Spanischen Republik), werden viele dieser Führer mit der republikanischen Trikolore (die Flagge der Zweiten Republik) ausgehen, aber wenn es an der Zeit ist, ein ganzes Volk zu unterstützen, das für die Republik kämpft, verstecken sie sich unter ihren Stühlen.
Die Wahrheit ist konkret. Die „heilige Einheit des Vaterlandes“ wurde in der Verfassung von 78 als Forderung der Erben des Franquismus verankert. Das katalanische Volk wurde nie gefragt, ob sie diese Einheit wollen, die durch den Klang von Säbeln aus dem Militär erzwungen wird. Nun hat der direkt von der Diktatur geerbte Staatsapparat dem katalanischen Volk den Krieg erklärt und ihm sein legitimes Recht auf Selbstbestimmung verweigert.
Was wir erleben, ist die massive Ablehnung des 78er-Regimes und seine autoritären Ausflüsse, angefangen bei eben der Monarchie, die vom Diktator selbst wiederaufgebaut wurde und die die Arbeiter und Jugendlichen Kataloniens und des übrigen Staates in eine alptraumhafte Situation gebracht hat. Jahre des brutalen Sozialabbaus, der Vertreibung, der chronischen Arbeitslosigkeit, der prekären Arbeitsplätze und der miserablen Löhne, der Verarmung unserer Nachbarschaften, der Privatisierung des Bildungs- und öffentlichen Gesundheitswesens,... während die Banken mit öffentlichen Geldern gerettet werden, werden die korrupten Politiker amnestiert, die Vergewaltiger von einer patriarchalen Klassenjustiz zu lächerlichen Strafen verurteilt, und unsere demokratischen Rechte durch das Knebelgesetz unterdrückt.
Für eine Kampfstrategie zur Erringung der Republik der Arbeiter und Jugendlichen
Es ist mehr als offensichtlich, dass in der katalanischen nationalen Befreiungsbewegung ein zunehmender Konflikt zwischen den Hunderttausenden von Jugendlichen, Arbeitern und den Bevölkerungsschichten, die den Kampf für eine Republik zu Ende führen wollen, und dem Programm des rechten katalanischen Nationalismus, der ein entscheidendes Gewicht in der katalanischen Regierung hat, sowie jener politischen Parteien wie dem ERC, die sich mit dem Staat und der PSOE-Regierung verbünden wollen, um die Straßen zu leeren und zu einer „Normalität“ zurückzukehren, die es ihnen ermöglicht, die gleiche Politik wie immer zu betreiben.
Dieser Widerspruch zeigt sich heutzutage in der Unterdrückung durch die Mossos, den in der Bewegung verbreiteten Forderungen nach dem Rücktritt des katalanischen Innenministers oder in der Opposition zu eben der Politik der Kürzungen und Privatisierungen, die auch von der Führung des ERC unterstützt wird. Wir müssen die Lehren aus den Erfahrungen dieser Jahre ziehen.
Es ist notwendig, dass die militanten politischen und gewerkschaftlichen Linken und die Strukturen der sozialen Bewegungen rechtzeitig einen Aktionsplan mit einem klaren Zeitplan für Generalstreiks aufstellen, der die massive Unterstützung der Bevölkerung erhält.
Um eine Widerstandsbewegung dieser Größenordnung zu erreichen, muss klargestellt werden, dass wir für eine sozialistische Republik zugunsten der Ausgebeuteten und Ausgeschlossenen kämpfen und nicht dafür, dass die übliche wirtschaftliche Oligarchie an der Macht bleibt, auch wenn sie sich mit der Estelada (katalanische unabhängige Flagge) tarnt. Eine Republik, die die wichtigsten Sektoren der Wirtschaft, der Banken und der großen Monopole verstaatlicht und den Albtraum der Kürzungen, des Mangels an öffentlichem und erschwinglichem Wohnen, die Unsicherheit und die kläglichen Löhne, die patriarchalische Gewalt und die Zerstörung der Umwelt endgültig beendet. Auf diese Weise werden wir auch die Arbeiter und Jugendlichen des übrigen Staates und viele andere in Katalonien davon überzeugen, dass diese Republik und diese Sache auch ihre ist.
Die Bewegung erfordert eine klare Strategie, um der staatlichen Repression zu begegnen und die katalanische Republik Wirklichkeit werden zu lassen. Das grundlegende Element, das das verhindert, ist das entscheidende Gewicht pro-kapitalistischer Kräfte in der Führung der Bewegung, die sich weigern, die nationale Befreiung mit der sozialistischen Transformation der Gesellschaft zu verbinden. Um dieses Hindernis zu überwinden, reicht es nicht, nur den Willen zum Kampf zu haben, es ist notwendig, bewusst zu handeln, um eine Gruppe von Arbeitern und Jugendlichen aufzubauen, die dieses revolutionäre und internationalistische Programm vorantreiben wird.
Darum: beteilige dich am Aufbau der Revolutionären Linken!
(1) verschiedene katalanische Städte, Anmerkung der Übersetzung
(2) politisch geführt von unserer Schwestersektion, Izquierda Revolucionaria im Spanischen Staat
(3) politische Behörden der katalanischen „Selbstverwaltung“