Der folgende Text ist von unserer Schwesterorganisation im spanischen Staat, Izquierda Revolucionaria, kurz nach der Flutkatastrophe veröffentlicht wurden. Er wurde von Genossen aus Valencia selber geschrieben.
Mehr als 150 Tote und Dutzende Vermisste sind nach der Unwetterkatastrophe DANA (Abkürzung für „Depresión Aislada en Niveles Altos“, in Deutsch etwa „Isoliertes Tief in großer Höhe“, hurrikan-artiges Wetterphänomen auf der iberischen Halbinsel, Anm. d. Ü.) in Valencia bestätigt, und auch in Albacete und Cuenca gibt es Opfer. Es wird erwartet, dass diese Zahlen noch weiter steigen werden. Darüber hinaus waren Tausende von Menschen stundenlang in Angst und Gefahr, an ihrem Arbeitsplatz oder in ihren Fahrzeugen gefangen oder mussten aus ihren Häusern fliehen, um ihr Leben zu retten.
Eine Katastrophe, die größtenteils hätte vermieden werden können, aber die brutalen Kürzungen der Regionalregierung der Generalitat Valencia unter Führung der Partido Popular und die Gier der Unternehmen haben sie exponentiell vergrößert.
Am 29. Oktober zur Mittagszeit hatte der Präsident der Regionalregierung, Carlos Mazón, den Zynismus, eine Botschaft der Beruhigung zu senden. Er erklärte, das Schlimmste des Sturms sei vorüber, und um sechs Uhr nachmittags werde sich seine Intensität abschwächen. Das war der Moment, in dem für Tausende von Beschäftigten, die in Industriegebieten, Einkaufszentren, in ihren Autos und auch in ihren Häusern eingeschlossen waren, ein Albtraum aus Angst und Schrecken begann.
Dass ein reaktionärer Gauner wie Carlos Mazón so handeln konnte und nicht sofort zurückgetreten ist, bestätigt die Dreistigkeit des rechten Lagers. Sie glauben, dass sie mit ihren Verbrechen gegen die Arbeiterklasse davonkommen. Sie denken auch, dass wir alle Idioten sind und dass wir nicht verstehen, warum die Situation derart aus dem Ruder gelaufen ist.
Der Zusammenbruch der Rettungsdienste und das Fehlen von Voraussicht und Planung sind die Verantwortung dieser elenden PP-Regierung und ihrer Vox-Verbündeten im Parlament (Vox ist eine ultrarechte spanische Partei, ähnlich der deutschen AfD, Anm. d. Ü.). Milliarden von Euro für ihre Geschäftsfreunde und für Immobilienspekulationen und währenddessen brutale Kürzungen bei den öffentlichen Diensten, die diese Situation hätten verhindern und bewältigen können.
Obwohl die brutalen Auswirkungen des Sturms [1] seit Tagen bekannt waren, haben weder die Generalitat noch die Zentralregierung von PSOE und Sumar auch nur die geringsten Präventivmaßnahmen ergriffen. Sie haben die Bevölkerung nicht einmal vor der drohenden Gefahr gewarnt, damit wir unsere Häuser nicht verlassen. Eine fahrlässige und kriminelle Haltung, deren Preis wir, die Arbeitnehmer, immer zu zahlen haben.
Wir liefern die Toten
„Es wird eine lange Nacht", sagte Mazón vor den Medien. Und sie ist es für all jene zur Hölle geworden, die von der Regierung und den öffentlichen Einrichtungen wie Hunde im Stich gelassen wurden. Die Bilder sind erschreckend: Menschen, die in ihren Häusern eingeschlossen sind, neben Leichen, die von den Fluten mitgerissen wurden, Familien mit Kindern und Angehörigen, die versuchen, mit den Fluten fertig zu werden, verängstigte ältere Menschen in überschwemmten Häusern.
In den ersten Stunden des Unwetters, als seine Schwere bereits offensichtlich war, rührten die politisch Verantwortlichen keinen Finger. Kein einziges ernsthaftes Notfallprotokoll, keine einzige ernsthafte Mobilisierung von Ressourcen. Überhaupt nichts. Lediglich eine telefonische Warnung um acht Uhr abends, als es kaum noch etwas zu tun gab. Noch skandalöser ist, dass dieser Alarm mehr als acht Stunden, nachdem der nationale Verband für Hydrographie von Júcar bekannt gegeben hatte, dass die Täler bereits überlaufen waren und der Fluss Albaida „beträchtliche Überschwemmungen“ verzeichnete, ausgegeben wurde.
Das Leben ging normal weiter, während Tausende von Menschen weiter ihrer Arbeit nachgehen mussten, ohne zu wissen, dass sie nicht nach Hause zurückkehren konnten oder dass sie dafür ihre körperliche Unversehrtheit oder sogar ihr Leben riskieren mussten.
In Wirklichkeit hätten die Auswirkungen dieser Tragödie mit geeigneten Maßnahmen auf ein Minimum reduziert werden können. Angefangen bei der Einstellung der Produktion, der Aussetzung des Schulunterrichts und der Bereitstellung aller notwendigen Notfallausrüstungen und -mittel zur Bewältigung der Situation.
Aber es mangelt nicht nur am politischen Willen. Ein Faktor, der die Situation erheblich verschlimmert hat, ist die prekäre Lage der valencianischen Rettungsdienste. Die öffentlichen Einrichtungen sind nach jahrelangen Kürzungen völlig ausgedünnt. Wenn man jetzt die Erklärungen von Mazón liest, der die Zerschlagung der valencianischen Notfalleinheit, deren Bedeutung er herunterspielte, als Sieg feiert, während er mehr als 90 Millionen an Subventionen an Volkswagen verschenkt, dann kocht einem das Blut vor Empörung in den Adern. [2]
Mazón und die PP sind die Schuldigen! Aber nicht nur. Die Verantwortung liegt genauso bei der Zentralregierung.
Warum hat sie in Anbetracht der drohenden Gefahr nicht sofort gehandelt? Eine Regierung, die von sich behauptet, links zu sein, hat die Pflicht, sich auf die Seite der Arbeiter zu stellen und nicht auf die Seite der Arbeitgeber und der verkommensten Rechten. Genauso wie die Gewerkschaften, die die bedingungslose und sofortige Einstellung der produktiven Tätigkeit hätten fordern und durchsetzen müssen, da die Aufrechterhaltung dieser Tätigkeit eine große Gefahr darstellte. Doch nichts dergleichen ist geschehen. Die Arbeiterklasse wurde wieder einmal völlig im Stich gelassen.
Nur das Volk kann das Volk retten
Gerade in diesen Momenten des Chaos und der Barbarei, der Untätigkeit des rechten Flügels, der die Generalitat kontrolliert, und der Komplizenschaft des unterwürfigen linken Flügels, der die Zentralregierung und die Gewerkschaftsbürokratie leitet, brechen die Klassensolidarität und die direkte Aktion der Arbeiter durch.
Die Bilder von Feuerwehrleuten, die ihr Leben riskieren, um Eingeschlossene zu retten, von Nachbarn, die aus eigenem Antrieb den Verkehr anhalten und auf sichere Routen umleiten, von unzähligen Menschen, die die Hilferufen in den sozialen Netzwerken verfolgen, um angesichts des Zusammenbruchs der Notruftelefone zu handeln und Leben zu retten... zeigen, dass wir nur auf unsere eigene Kraft zählen können.
Das ist die wahre Kraft, die die institutionelle Heuchelei in diesen Momenten entlarvt!
Trotz des Schmerzes, trotz der Bestürzung über das, was wir erleben, müssen wir aufstehen und Rechenschaft verlangen, dass wirklich etwas unternommen wird. Genug der Straflosigkeit. Genug davon, dass sie gegenseitig ihre absolute Unzulänglichkeit vertuschen. Genug davon, dass der König Krokodilstränen weint, die niemanden trösten und eine Beleidigung für diejenigen sind, die so viel verloren haben.
Schluss mit dem Schutz der Gier der Konzerne, der Eigentümer von Mercadona, von Ikea, von so vielen Unternehmen, die gestern gezeigt haben, dass sie das Leben ihrer Mitarbeiter völlig missachten und Tausende gezwungen haben, weiterzuarbeiten und dabei alles zu riskieren. Die Unternehmer sind direkt für diese Todesfälle verantwortlich.
Genug der Lügen und leeren Worte. Wenn die Zentralregierung ein Mindestmaß an Verantwortung für ihre soziale Basis hat, muss sie die notwendigen Millionen bereitstellen, um die noch Eingeschlossenen zu retten, die beschädigten Infrastrukturen zu reparieren und all das, was die Katastrophe verursacht hat. Und dieses Geld muss aus den Taschen der valencianischen Kapitalisten und dem Rest des Staates kommen, die von unserer Ausbeutung und unserem Leben profitieren. Sie müssen jetzt ein Notfall- und soziales Rettungspaket genehmigen, das mit einer direkten Steuer für Roig und die gesamte Oligarchie aus der Region Valencia und dem Rest des Landes finanziert wird.
Das müssen wir auf der Straße fordern, durch Kampf und Mobilisierung. Wir müssen auf eine große Reaktion der Arbeiter und der Jugend, des gesamten Volkes hinwirken, damit die privatisierten Dienstleistungen wieder in öffentliches Eigentum überführt werden, damit massive Mittel für Notdienste, für den Wiederaufbau zerstörter Häuser, Infrastrukturen und Räume bereitgestellt werden und damit der Erhalt aller Arbeitsplätze garantiert wird. Die Klimakatastrophe, in die der Kapitalismus uns führt, muss bekämpft werden.
Eine Mobilisierung, die auch den sofortigen Rücktritt von Mazón und der gesamten Regierung wegen ihrer Nachlässigkeit und der verbrecherischen Politik, die uns in diese Situation geführt hat, in den Vordergrund rücken muss.
Solidarität mit allen Familien und Angehörigen der Opfer, mit allen Betroffenen ist unabdingbar. Dazu gehört aber auch Wiedergutmachung und Gerechtigkeit.
Anmerkungen:
[1] https://www.lasprovincias.es/comunitat/mazon-pide-valencianos-queden-casa-salgan-carretera-20241029221933-nt.html?ref=https%3A%2F%2Fwww.lasprovincias.es%2Fcomunitat%2Fmazon-pide-valencianos-queden-casa-salgan-carretera-20241029221933-nt.html.
[2] Siehe https://www.diariodelpuerto.com/logistica/el-consell-destinara-90-millones-de-euros-a-la-gigafactoria-de-volkswagen-en-parc-sagunt-ii-CC17730031. und https://www.publico.es/politica/pp-mazon-presumio-tres-meses-eliminar-ume-valenciana-considerarla-chiringuito.html.