Die spanischen Wahlen vom 23. Juli waren ein harter Schlag für die Rechte und für ihre soziale Basis, die nach Rache an der politischen Linken geschrien hat. Das Bild von Abascal (Vorsitzender der rechten Partei VOX, Anm. d. Ü.) in der Wahlnacht, der sich vor den Medien zu drücken versuchte und dann mit seinen leitenden Mitarbeitern ein Bild der völligen Demoralisierung darstellte, nachdem er eine Reihe von Anschuldigungen an Feijóo (Präsidentschaftskandidat der Partido Popular, Anm. d. Ü.) gerichtet hatte, fasst die Niederlage dieser nationalistischen, chauvinistischen und fremdenfeindlichen Ultra-Rechten perfekt zusammen.
Das Gleiche gilt auch für die Partido Popular. Feijóos Rede vor seinen Anhängern, die von Rufen zugunsten von Díaz Ayuso (Politikerin der PP und Präsidentin der Regionalregierung von Madrid, Anm. d. Ü.) unterbrochen wurde, war eine einzige Heuchelei, die sogar seine eigenen Anhänger in Erstaunen versetzte, als er beispielsweise sagte, dass er versuchen werde, eine Regierung zu bilden und mit der PSOE und den übrigen Parteien zu sprechen, um das zu erreichen.
Er hat es geschafft, die Lächerlichkeiten, die er während des Wahlkampfes von sich gegeben hat, noch zu übertrumpfen!
Trotz der Tatsache, dass fast alle Umfragen vor der Wahl eine absolute Mehrheit für die Rechte vorausgesagt haben, und dass dies auch die Stimmung war, die nach dem überwältigenden Wahlsieg der PP in den Regionalwahlen vom 28. Mai und nach dem Debakel der regierenden Linkskoalition in der Luft lag, konnten wir am Ende bei den Wahlen eine deutliche Wende sehen.
Dieser Schlag gegen die extreme Rechte der PP und gegen ihre faschistischen Verbündeten, der sie daran hindern wird, eine Regierung zu bilden, ist die Folge der Mobilisierung von Millionen von Arbeitern und Jugendlichen und ihrer Entschlossenheit, die mit einer rechten Regierung unzweifelhaft verbundenen Angriffe auf ihre demokratischen Rechten zu verhindern. Er ist auch eine ernste Warnung an die regierende Linke, ihre Politik entweder zu korrigieren oder endgültig in den Abgrund zu stürzen.
Was für eine Lektion haben Millionen von Arbeitern und Jugendlichen der Rechten erteilt! Sie standen an der Spitze der Massendemonstrationen des kämpferischen Feminismus, gegen homophobe Aggressionen oder gegen die Zerstörung des Planeten. Die Jugend war der Schlüssel zu diesen Wahlergebnissen, ebenso wie die Arbeiterklasse in Katalonien und Euskal Herria (Baskenland, Anm. d. Ü.), die wieder einmal eine Bastion des Widerstands gegen den widerlichen spanischen Nationalismus errichtet hat.
Diesen wesentlichen Aspekt, das antifaschistische Bewusstsein der Arbeiterbewegung und der kämpferischen Jugend, nicht zu sehen, hieße, das enorme Potenzial zu leugnen, das für eine sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft besteht! Die Geschichte hat bereits über die Positionen derjenigen sektiererischen Organisationen gerichtet, die auf ihren Websites zur Wahlenthaltung aufgerufen haben: Millionen haben ihnen deutlich geantwortet, dass das nicht der richtige Weg ist, dass dieser Weg nur dazu führen würde, den Weg für die Ultrarechten zu ebnen. Welch eine Lehre aus der lebendigen Bewegung unserer Klasse, und was für eine Ignoranz seitens derer, die die Ideen von Marx, Lenin, Rosa Luxemburg und Trotzki durch den Dreck ziehen.
Eine Stimme für die PSOE und SUMAR ist kein Blankoscheck, ganz im Gegenteil. Die Wahl war für viele ein Instrument, um die Gefahr der Reaktion abzuwehren. Aber die Unzufriedenheit und Frustration über die kapitalistische Politik der Regierungskoalition hat sich nicht verflüchtigt. Und wenn die nächste Regierung, die offensichtlich von Pedro Sánchez geführt werden wird, weiterhin darauf besteht, die Taschen der Ibex 35 (Aktienindex, der die 35 wichtigsten spanischen Unternehmen umfasst, Anm. d. Ü.) und der Banken zu füllen und nichts gegen die zunehmende Obdachlosigkeit zu unternehmen; wenn sie weiterhin Kürzungen im Gesundheits- und Bildungswesen zustimmen und repressive Gesetze aufrechterhalten, die gegen diejenigen eingesetzt werden, die sich wehren; wenn sie weiterhin nur ein Minimum an sozialer Absicherung aufrechterhalten, die das Fortschreiten der Armut nicht mal im Ansatz verhindern kann, oder weiterhin den Bossen den sozialen Frieden garantieren und die Mobilisierung der Arbeiter verhindern... wenn sie so weitermachen, dann wird die extreme Rechte schnell wieder an Schwung gewinnen und ihre Ziele durchsetzen können.
Die Reaktion und der Neofaschismus in Form von Vox haben einen schweren Schlag erlitten, aber zu glauben, sie seien besiegt und stellen keine Bedrohung mehr dar, ist nicht nur naiv, sondern sträflich dumm.
PP und Vox: vom Triumphzug zum Albtraum-Abend
Die Daten der Wahl müssen sorgfältig analysiert werden, ohne irgendeine Seite der Realität auszublenden. Obwohl es schlussendlich gelungen ist, PP und Vox daran zu hindern, gemeinsam eine Regierung zu bilden, und die Wahlbeteiligung von 66,23 % auf 70,40 % (um 4,17 Prozentpunkte) gestiegen ist, hat sich der Abstand zwischen den Blöcken verringert, und PP und Vox sind mit nur 6 Sitzen sehr nahe an eine absolute Mehrheit herangekommen.
Der Rechtsblock hat um 723.933 Stimmen (2,18 %) zugelegt und erreicht 45,65 % (11.177.348 Stimmen) im Vergleich zu den 43,47 %, die er noch 2019 erreicht hat (10.453.415 Stimmen). Der parlamentarische Linksblock, einschließlich der katalanischen und baskischen Linken, verlor 191.434 Stimmen (1,68%) und sank von 49,96% (12.013.776 Stimmen) auf 48,28% (11.822.342 Stimmen), schlug aber immer noch die spanischsprachige Rechte um 644.994 Stimmen. Die Mehrheit der Arbeiter und Jugendlichen hat die Bedrohung, die ein Sieg der Reaktion darstellt, sehr gut verstanden und stark mobilisiert.
Diese nicht anfechtbare Tatsache ist eine Antwort auf all jene Teile der institutionellen Linken und ihrer Medien, die den Arbeitern und Jugendlichen nach der Niederlage vom 28. Mai ihre Gewissenlosigkeit und ihr schlechtes politisches Bewusstsein vorwarfen und sie für diese Ergebnisse verantwortlich machten, ohne das Unbehagen und die mehr als berechtigte Kritik dieser Wählerschaft an einer Koalitionsregierung zu akzeptieren, die die Verarmung der Arbeiterklasse nicht gestoppt und die Logik des Kapitalismus klaglos akzeptiert hat.
Eine Kritik, die natürlich nach wie vor gültig ist, die aber mit einem sehr lebendigen historischen Gedächtnis verbunden ist, das sehr wohl weiß, was Faschismus ist und welche reale Bedrohung er darstellt! Genau dieses Bewusstsein ist es, das zahlreiche linke Gruppierungen nicht verstehen konnten, indem sie ohnmächtig zur Stimmenthaltung oder zu einem weißen Votum aufriefen und sich selbst in eine äquidistante Position in einem Kampf brachten, von dem die Arbeiterklasse instinktiv verstanden hat, dass er eben nicht nebensächlich ist!
Unsere Position war klar, wie wir in unseren Erklärungen gezeigt haben! Wir haben eine kompromisslose marxistische Position beibehalten. Wir haben immer wieder erklärt, dass einfach zu sagen, es würde keinen Unterschied machen, wer wählt und wer regiert, dass alle Parteien gleich seien und dass Enthaltung besser sei, am Ende nur bedeutet, in eine sektiererische und ohnmächtige Position zu fallen. Uns Revolutionären war der Vormarsch der Rechten nie gleichgültig, und wir werden ihn auf keinem Gebiet unterstützen, auch nicht an der Wahlurne. Und kritisch oder sehr kritisch für die Organisationen der parlamentarischen Linken zu stimmen, bedeutet nicht, ihr Programm oder ihre Politik zu legitimieren. Es bedeutet, diese Stimme zu nutzen, um die Faschisten zu schlagen und sich natürlich nur auf die Kräfte der Arbeiterbewegung und der Jugend zu verlassen, auf ihre Fähigkeit, sich zu organisieren und zu kämpfen, um die Rechte mit einem sozialistischen und antikapitalistischen Programm zu besiegen.
Die extremen Rechten erwarteten einen wahren Triumphzug und missachteten die Kampf- und Widerstandsfähigkeit der Arbeiterbewegung und der kämpferischen Jugend. Infolgedessen haben sie, ermutigt durch die Ergebnisse vom 28. Mai, eine umfassende Offensive gegen den Feminismus und die Rechte von Frauen und Transpersonen, gegen die Unabhängigkeitsanhänger und gegen die organisierte Linke und die sozialen Bewegungen gestartet.
Es war eine Kampagne, die nicht gezögert hat, auf die faschistischen Falangisten zu zählen, durch von Nazis geführte Unternehmen wie Desokupa (privates Sicherheitsunternehmen, das von Immobilienbesitzern zum Vertreiben von Hausbesetzern, im spanischen „Okupas“, angeheuert werden kann, Anm. d. Ü.) und die von den Pakten zwischen der PP und Vox in vielen Gemeinden und Stadträten begleitet wurde. Reaktionäre aller Art standen an der Spitze dieser Kampagne, von Parlaments- und Regierungsvertretern, über verurteilte Missbrauchstäter bis zu faschistischen Stierkämpfern, von Frauenhassern des Opus Dei, die Frauen angreifen, weil sie keinen Penis haben, bis zu Falangisten, die Massaker wie das von Badajoz im Bürgerkrieg rechtfertigen. Der ganze soziale Abfall der Reaktion, der sich aus Tausenden von kleinen und mittleren Unternehmern zusammensetzt, die sich auf Kosten der brutalsten und rassistischsten Ausbeutung von Arbeitskräften bereichern, und die das Wesen der Franco-Diktatur und des Nationalkatholizismus verteidigen, hat sein Haupt erhoben in der Hoffnung, die Linke und die Arbeiterbewegung zu schlagen. Das ist ihnen nicht gelungen!
Feijóos Arroganz und patriotischer Stolz sind an der Realität gescheitert. Obwohl die PP die Wahlen gewonnen hat, sind ihre Ergebnisse weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Die PP erhielt 33,05 % der Stimmen (8.091.840) im Vergleich zu 20,99 % im Jahr 2019 (5.047.040), was einem Zuwachs von 12 Prozent, 3.044.800 Stimmen und 47 Sitzen entspricht. Auf der anderen Seite erleidet Vox aber den größten Rückschlag und verliert mehr als 17 % seiner Stimmen (623.235), fällt von 15,21 % auf 12,39 % und verliert nicht mehr und nicht weniger als 19 Sitze, was fast die Hälfte aller ihrer Abgeordneten darstellt.
Zusätzlich zu den Stimmen von Vox und den Stimmen, die Ciudadanos (bürgerlich-rechte Partei, die mit diesen Wahlen quasi in der Versenkung verschwunden ist, Anm. d. Ü.) verloren hat (1.650.318), konnte die PP weitere 723.933 Stimmen auf sich vereinen, die sowohl aus der Stimmenthaltung als auch wahrscheinlich zu einem kleinen Teil aus rückständigen Sektoren der ehemaligen PSOE-Wählerschaft stammen.
Die Unverfrorenheit, mit der die Rechten in den letzten Wochen vorgegangen sind, hat alle Alarmglocken läuten lassen und schließlich zu diesem Umschwung in den Wahlergebnissen geführt. Dazu gehörte ein unberechenbarer Feijóo, der angesichts der Vorwürfe über seine Verbindungen zum Drogenhändler Marcial Dorado von der Behauptung, er wisse nichts über dessen Aktivitäten, zu der Aussage überging, als er ihn traf, sei er „nur“ ein Schmuggler und noch kein Drogenhändler gewesen, oder der einer Debatte selber komplett fernblieb, in der der Vox Kandidat Abascal sich stattdessen völlig lächerlich machte.
Abascal und Vox ihrerseits traten mit ihrer faschistischen Rhetorik auf, insbesondere gegen Katalonien, das Baskenland und die Unabhängigkeitsbewegung. Die PP hat ihnen die Hand gereicht, indem sie überall die ETA erwähnte und bei ihrer sozialen Basis das Motto „Lasst Txapote (ehemaliger Militärchef der ETA, der für mehrere Politische Morde in Haft sitzt, Anm. d. Ü.) für euch stimmen“ populär machte. Sie waren derart von ihrem Sieg überzeugt.
Aber diese Strategie ist letztendlich nach hinten losgegangen und hat dazu beigetragen, die Linke zu mobilisieren, insbesondere in den Gebieten mit „separatistischen“ Bewegungen, und jede Möglichkeit einer reaktionären Regierung zu begraben. In Katalonien fiel die spanische Rechte von 749.289 Stimmen (19,46%) auf 742.140 (21,10%) und gewann nur 8 Sitze: 6 für die PP 6 und 2 für Vox. Im Baskenland stieg sie von 12,49% der Stimmen (147.004) auf 14,10% (161.732), aber nur die PP gewann Sitze: 3 im Baskenland und 1 in Nafarroa. Die nationale Frage ist einmal mehr ein Schlüsselthema im Kampf um die Möglichkeit einer Regierung der extremen Rechten.
Dieser harte Schlag gegen die Rechte eröffnet nun eine komplexe Situation sowohl innerhalb der PP als auch bei Vox. Feijóo selbst spürte in der Wahlnacht, wie er von seinen eigenen Wählern gegen Ayuso in Frage gestellt wurde. Die Ergebnisse stellen jedoch auch die trumpistische Strategie der Madrider Präsidentin in Frage. Andererseits wird Vox, das bereits in einen internen Kampf verwickelt ist, nach diesem Rückschlag ebenfalls eine absehbare Krise erleben, was aber nicht ihr Verschwinden bedeuten wird. Das Phänomen der extremen Rechten resultiert aus objektiven Trends, die sich aus der Krise des Kapitalismus und dem daraus resultierenden sozialen, wirtschaftlichen und politischen Zerfall ergeben, und wird daher weder in Spanien noch in Europa oder der Welt kurzfristig verschwinden.
Die Ergebnisse der Linken
Bei den linken Regierungsparteien ist der große Gewinner die PSOE, die die Stimmen zur Verhinderung der Rechten auf sich vereinigt hat.
Pedro Sánchez konnte seine Unterstützung um fast eine Million Stimmen von 6.792.199 (28,25 %) auf 7.760.970 (31,70 %) steigern und zwei weitere Sitze gewinnen. Sumar und Yolanda Díaz mussten zwar einen deutlichen Rückgang gegenüber Unidas Podemos hinnehmen, der fiel jedoch deutlich geringer aus als angesichts der Ergebnisse der PSOE erwartet: Sie verloren 687.664 Stimmen und 7 Sitze, von 3.701.670 Stimmen (15,39 %) auf 3.014.006 (12,31 %). Aber im gesamten Regierungsblock aus PSOE und Sumar betrachtet, gelang es Díaz sogar, ihre Ergebnisse zu steigern, indem sie 281.107 Stimmen mehr als 2019 erhielt und von 43,64% (10.493.869) auf 44,01% der Stimmen (10.774.976) stieg.
Es ist klar, dass die Jugend eine entscheidende Rolle bei dieser Mobilisierung der Wählerschaft gespielt hat. Eine Jugend, die an der Spitze der feministischen Bewegung und des Kampfes für die Rechte von Transpersonen steht, die sich immer wieder massiv auf der Straße äußern und das in einem Kontext, in dem andere Fronten des Klassenkampfes, wie der gewerkschaftliche Kampf, durch die Rolle der Bürokratie von CCOO und UGT und ihre katastrophale Politik des sozialen Friedens und der Pakte mit der CEOE blockiert wurden!
Die Drohungen von PP und Vox und ihre Angriffe auf demokratische, Frauen- und LGTBQ-Rechte, mit ihrer hetzerischen Kampagne gegen das „Solo Sí es Sí“ Gesetz oder das Trans-Gesetz, mit ihrer Leugnung von Gewalt gegen Frauen oder mit ihrer direkten Zensur von Filmen und Theaterstücken, haben eine wichtige Rolle bei der Mobilisierung der Stimmen von Zehntausenden junger Menschen gespielt, die nicht bereit waren, 50 oder 60 Jahre in der Geschichte zurückzugehen und grundlegende demokratische Rechte zu verlieren. Das ist zweifellos ein weiterer Beweis für die Bedeutung der Mobilisierung und des Kampfes auf der Straße, der sich auch auf die Wahllokale übertragen hat.
Der andere zentrale Aspekt war die spanischnationalistische Offensive gegen Katalonien und das Baskenland. Vox hat offen erklärt, dass die brutale Repression von 2017 und die Anwendung vom Paragraphen 155 ein Witz ist im Gegensatz zu dem, was sie machen würden, wenn sie an die Regierung kämen, und sie haben die Illegalisierung von EH Bildu, der CUP, ERC oder der ANC (baskische und katalanische linke Unabhängigkeitsparteien, Anm. d. Ü.) gefordert. Eine Provokation, die für die Mobilisierung der rechten Wählerschaft in Katalonien einen Rückschlag bedeutet hat, und wo die Wahlenthaltung um 10% im Gegensatz zum 28. Mai gestiegen ist, was wiederrum ein Schlüssel zum jetzigen Sieg der Linken war.
In Katalonien erhielt die PSC-PSOE (katalonische Sektion der sozialistischen Partei, Anm. d. Ü.) 34,49% der Stimmen (1.213.006) im Vergleich zu 20,64% im Jahr 2019 (794.666): 418.340 Stimmen und 7 Sitze mehr. Ein entscheidender Sieg, der bedeutet, dass 1 von 8 sozialistischen Wählern aus Barcelona stammt, wo die PSC in Arbeitervierteln wie Nou Barris 43,5 % der Stimmen erhalten hat. Insgesamt sind 15,6 % der sozialistischen Wähler Katalanen, der höchste Wert seit 1996, was das entscheidende Gewicht Kataloniens bei dieser Wahlwende bestätigt. Auf der anderen Seite erhält Sumar, obwohl sie 97.451 Stimmen verlieren und von 15,36% (590.999) auf 14,03% (493.548) fallen, weiterhin noch 7 Sitze.
Es ist klar, dass angesichts der Stagnation und der völligen Aufgabe des Kampfes für die nationale Befreiung, für das Selbstbestimmungsrecht und die Republik, Teile der linken Unabhängigkeitsbewegung bei diesen Wahlen der taktischen Stimmenabgabe, der „nützlichen Stimme“, den Vorrang gegeben haben, um die extreme Rechte und die Reaktion zu stoppen: Die ERC (Esquerra Republicana, katalanische linke Unabhängigkeitspartei, Anm. d. Ü) verlor 411.976 Stimmen und damit die Hälfte ihrer Abgeordneten; sie fiel von 22,73% (874.859) auf 13,16% (462.883). Die CUP verliert 148.177 Stimmen, von 6,42% (246.971) auf 2,80% (98.794), und ist nicht mehr im Kongress vertreten.
Die katalanische Rechtspartei Junts, die von Puigdemont angeführt wird und von der nun die Koalitionsbildung abhängt, musste ebenfalls einen schweren Rückschlag hinnehmen: Sie verlor 137.591 Stimmen und fiel von 13,77% (530.225) auf 11,16% (392.634).
Der komfortable Sieg der PSC-PSOE und der Linken in Katalonien allgemein war ausschlaggebend für die Verhinderung einer absoluten Mehrheit der Reaktion im Rest des Staates: einschließlich ERC und CUP erhielten sie 64,48 % der Stimmen gegenüber 65,15 % im Jahr 2019.
Dasselbe gilt für das Baskenland, wo die Linke 60,29 % der Stimmen erhielt, verglichen mit 54,33 % im Jahr 2019. Das ist das Ergebnis des Anstiegs der Unterstützung für die PSOE, die 62.430 Stimmen mehr bekam und 25,27 % und insgesamt 289.826 Stimmen erhielt, und des sehr wichtigen Zugewinns für EH Bildu (Verbund von linken, baskischen Unabhängigkeitsparteien, Anm. d. Ü) das die Stimmen um 53.603 steigern konnte, also um 23,95 % und insgesamt auf 274.676 kommt. Die PNV (Partido Nacionalista Vasco, eine rechte und konservativ-christlich ausgerichtete baskische Partei, Anm. d. Ü) wurde von EH Bildu überholt.
In Regionen, in denen die Rechte stark zugelegt hat, wie in Madrid oder Andalusien, hält die Linke dagegen und legt dank einer starken Mobilisierung in den Arbeitervierteln sogar zu. Im Fall von Madrid, wo die Wahlbeteiligung um 5 Prozentpunkte höher war als bei den Regionalwahlen vom 28. Mai, verlor die Rechte im Vergleich zum 28. Mai 16.049 Stimmen (die PP verlor 251.354 Stimmen und Vox gewann 235.305), während die Linke um 309.332 Stimmen zulegte (die PSOE gewann 375.574 Stimmen, während Sumar 70.242 verlor). Diese Ergebnisse bedeuten einen überwältigenden Sieg der Linken in den Arbeitervierteln Madrids, von 51% und 54% in Carabanchel und Villa de Vallecas bis 57% in Villaverde und Usera und 64% in Puente de Vallecas.
Das Gleiche gilt für Andalusien, wo die PP ihre Ergebnisse im Vergleich zu den Regionalwahlen halten konnte, aber mit dem Verschwinden von Ciudadanos und dem Rückgang von Vox hat die Rechte insgesamt fast 300.000 Stimmen verloren. Gleichzeitig erhielt die PSOE 570.939 Stimmen mehr. Sumar hat 76.913 Stimmen mehr als Por Andalucía und Adelante Andalucía zusammen erhalten, wobei die Wahlbeteiligung um fast 13 Prozentpunkte gestiegen ist. Mit anderen Worten: die Linke hat im Vergleich zu den Regionalwahlen insgesamt 647.852 Stimmen hinzugewonnen.
Aufbau einer revolutionären Linken und Mobilisierung auf der Straße
Dass wir diese Bande von Reaktionären vorübergehend gestoppt haben, ist zweifellos eine großartige Nachricht. Diese Ergebnisse geben der Arbeiterklasse, der Jugend und Tausenden von organisierten Aktivisten der Linken Vertrauen in ihre eigene Kraft, den Kampf gegen die extreme Rechte, gegen die Bosse und gegen den Kapitalismus zu führen.
Wie wir jedoch zu Beginn dieser Erklärung gesagt haben, ist es notwendig, ernsthaft zu analysieren, wie es überhaupt zu dieser Situation gekommen ist und warum die Reaktion der Regierung so nahegekommen ist.
Wie gesagt, herrscht große Unzufriedenheit mit der Regierungskoalition. Ihre angeblichen Errungenschaften, auf die sie während des gesamten Wahlkampfs immer wieder hingewiesen hat, sind für Millionen von Arbeiterfamilien eine Fata Morgana. Alle Zahlen verdeutlichen das.
Die Armut hat nicht aufgehört zu wachsen, wie Berichte von Oxfam und Caritas zeigen; die Löhne, einschließlich des Mindestlohns, haben angesichts des ungezügelten Anstiegs der Inflation und vor allem der Lebensmittelpreise stark an Kaufkraft verloren; das Projekt eines Grundeinkommens war ein komplettes Fiasko; die Arbeitsreform wird von der PP und den Arbeitgebern selbst verteidigt, was zeigt, dass sie nicht mehr als eine kosmetische Korrektur war, die chronisch gewordene prekäre Arbeitsverhältnisse aufrechterhält; Das „Knebelgesetz“ (sehr repressives Polizeigesetz, Anm. d. Ü.) ist immer noch in Kraft und wird aktiv gegen die Jugend und bei Arbeitskämpfen wie in Cádiz oder bei den Metallarbeitern in Pontevedra angewandt; und die öffentlichen Dienste, nicht nur in Madrid, sondern auch in anderen Regionen oder auf staatlicher Ebene, brechen weiter zusammen, ohne dass die Privatisierungen rückgängig gemacht werden.
Die Regierungskoalition hat schamlos den US-Imperialismus, die NATO und Selenskyj im Ukrainekrieg unterstützt und die Militärausgaben auf ein Rekordniveau erhöht; sie hat die Völker der Sahararegion im Stich gelassen und schändliche Flüchtlingsmassaker wie jenes in Melilla gedeckt und gerechtfertigt. Und das alles, während sie die Profite des Ibex 35 und der Bosse garantieren.
Diese enorme Unzufriedenheit, das Unbehagen und die Enttäuschung sind nicht verflogen. Die neue Regierungskoalition wird sich in einer noch schwierigeren Lage befinden als die vorherige, da sich ihr parlamentarischer Spielraum noch weiter verringert hat. Es liegt auf der Hand, dass, wenn sie die gleiche Politik wie bisher fortsetzt, die Unruhe in der gesellschaftlichen Basis zunehmen wird und früher oder später den reaktionären Kräften die Möglichkeit geben wird, La Moncloa (Regierungspalast von Spanien, Anm. d. Ü) zu erobern. Diesmal wurde die Gefahr abgewendet, aber die Reaktion und die Rechte wurde nicht besiegt.
Sumar selbst ist die Verkörperung einer neuen Koalition, die Podemos und alles, wofür diese linke Partei einst stand, begraben hat, und so wird es auch nach diesen Wahlen weiterhin sein. Trotz der Äußerungen von Pablo Iglesias, dass sich Podemos erhalten wird, haben sie nur noch 5 Abgeordnete, wo sie vorher 23 hatten. Sumar ist nicht Podemos und die völlig unkritische Zusammenarbeit mit der PSOE wird dazu beitragen, die Wählerschaft weiter zu demoralisieren, was der extremen Rechten und der Reaktion zunehmend Tür und Tor öffnet.
Gerade deshalb können wir uns, wenn wir diese immer ernstere Gefahr, die Gefahr des Faschismus, abwenden wollen, weder mit diesen Wahlergebnissen zufrieden geben, noch mit einer Regierung, die nicht in der Lage ist, die Interessen der großen kapitalistischen Monopole in Frage zu stellen oder einem Staatsapparat entgegenzutreten, der im Dienste der franquistischen Ultrarechten steht. Sie sind unfähig, die reellen Probleme von Millionen von Arbeiterfamilien zu lösen.
Die Bildung der neuen Regierung wird nicht ohne Hindernisse vonstattengehen. Das sehen wir bereits bei Teilen des Staatsapparats, die wütend über die Niederlage der Rechten sind und sich bereits in Bewegung gesetzt haben, indem sie den Haftbefehl gegen Puigdemont und Comin reaktiviert und Clara Ponsati (katalanische Unabhängigkeitspolitikerin, Anm. d. Ü.) in Barcelona verhaftet haben, um eine mögliche Amtseinführung von Pedro Sánchez zu vereiteln. Auf der anderen Seite sind die Medien immer noch in ihrer hysterischen Offensive und hoffen auf Neuwahlen.
Doch diese Möglichkeit ist sehr unwahrscheinlich. Sowohl für Junts als auch für ERC steht viel auf dem Spiel. Ihre einzigen Alternativen sind eine Regierung von Pedro Sánchez oder die schwärzeste Reaktion, insbesondere vor dem Hintergrund der Ebbe der Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien als Ergebnis ihrer Kollaboration mit dem spanischen Regime und der Verteidigung des Kapitalismus.
Für revolutionäre Marxisten besteht die zentrale Frage jetzt darin, sich auf eine harte Periode des Klassenkampfes vorzubereiten. Wir müssen die Straßen zurückerobern. Sozialer Frieden als Deckmantel für die kapitalistische Politik der Regierungskoalition hat nur dazu gedient, den rechten Flügel zu stärken. Aus diesem Grund ist es nach diesen Wahlergebnissen nicht an der Zeit, nach Hause zu gehen und sich zufrieden zurückzulehnen. Im Gegenteil! Wir müssen uns organisieren und die Fahne des Kampfes gegen den Faschismus, den Kapitalismus, der ihn hervorbringt, und letztendlich für den Sozialismus hochhalten!
Das kapitalistische System verurteilt uns zu Elend, Armut, Unrecht, Totalitarismus, Klimakatastrophe und imperialistischen Kriegen. Wir müssen eine konsequente revolutionäre Linke aufbauen, die nicht mit der Rechten und dem Staatsapparat streitet, sondern sie bekämpft; die nicht versucht, die Kapitalisten zu überzeugen, sondern sie konfrontiert und enteignet; die nicht auf die Umgestaltung der Gesellschaft verzichtet, sondern für den Sozialismus kämpft.
Schließt euch der Revolutionären Linken an. Keine Minute Waffenstillstand gegen Kapitalismus und Faschismus.