Seit Anfang November hat das chilenische Volk die reaktionäre Regierung Piñera durch Mobilisierungen gegen das verrottete kapitalistische System in Schach gehalten. Es gab nicht nur die massenhaftesten Demonstrationen der Geschichte und bis zu sechs Generalstreiks, die der CUT-Führung von der Bewegung aufgezwungen wurden, die Jugend hat sich auch in einem heroischen Kampf auf der Straße erhoben. Chile rebelliert weiter, aber die Bourgeoisie und mit ihr die widerlichen Kollaborateure der reformistischen Führungen der Sozialistischen Partei und der Kommunistischen Partei, manövriert hart, um die Bewegung zum Niedergang zu bringen.

Die Regierung Piñera hat absolut alles versucht. Sie hat zu brutaler Repression gegriffen, die das Leben von 30 von Militär und Polizei getöteten Demonstranten, Tausende von Verletzten – Hunderte von ihnen haben ihr Augenlicht verloren – und mehr als 22.000 Verhaftete gefordert hat. Laut dem letzten Bericht des Nationalen Instituts für Menschenrechte (INDH) wurden insgesamt 1.383 Beschwerden im Zusammenhang mit der Repression gegen Demonstranten eingereicht, darunter 192 wegen sexueller Gewalt, 405 wegen Folter und anderer grausamer Behandlung und 787 wegen exzessiver Gewaltanwendung. Derzeit befinden sich mehr als 3.000 politische Gefangene in den Gefängnissen von Piñera.

Der chilenische Staatsapparat hat seine demokratische Maske abgenommen, und dahinter kommt zum Vorschein, dass der Geist Pinochets in den chilenischen Institutionen fortlebt. Doch die brutale Repression hat sich als wirkungslos gegenüber der Entschlossenheit des Volkes erwiesen. Angesichts des Voranschreitens der Revolution war Piñera gezwungen, einige formelle Zugeständnisse zu machen, weigerte sich aber gänzlich, seinen Rücktritt zu erklären. Nun will er den Kampf entwaffnen, indem er eine Volksabstimmung über die Verfassungsreform einberuft. Eine neue Farce, die mit dem Deckmantel des demokratischen Übergangs getarnt ist – eine Neuauflage der Strategie der 1990er-Jahre nach dem Sturz der Diktatur.

Die reformistischen Führer der chilenischen Linken retten Piñera

Die Regierung, die durch den Druck der Massen in die Enge getrieben wurde, hatte keine andere Wahl, als sich an die einzige verfügbare Rettungsleine zu klammern, um ihren endgültigen Sturz zu verhindern: und diese Rettungsleine wurde ihr von den Parteien der chilenischen Linken angeboten.

Am vergangenen 15. November unterzeichneten die Sozialistische Partei (PS) und die Breite Front (FA) zusammen mit den rechten Parteien das sogenannte „Abkommen für sozialen Frieden und eine neue Verfassung“. Dieser Verrat hat die FA in zwei Teile gespalten, so dass der am meisten rechtsgerichtete Sektor in der Koalition verbleibt. Die Kommunistische Partei (KPCh) distanzierte sich zunächst wegen des enormen Drucks von der Unterzeichnung des Abkommens, aber ihre Führung hat bereits ihre „kritische“ Unterstützung für den „Verfassungskonvent“ getauften Prozess der Verfassungserneuerung angekündigt.

Die „neue chilenische demokratische Transition“ (Transition = Übergang, AdÜ) soll mit der Durchführung eines Referendums am 26. April beginnen, das darüber entscheiden soll, ob ein neuer Verfassungstext ausgearbeitet wird und auch darüber, welcher Art das Organ sein soll, das diesen verfassen soll. Nach dieser ersten Konsultation soll mit der Wahl der Mitglieder des künftigen Konvents bis Oktober gewartet werden, und nach der Ausarbeitung des neuen Verfassungstextes wird dieser erneut zur Annahme vorgelegt. Mit anderen Worten, die chilenische reformistische Linke schlägt vor, einem Verbrecher wie Piñera fast ein Jahr des sozialen Friedens zu gewähren, im Austausch für eine Gesetzesreform unter ihrer strengen Kontrolle.

Die einzigen Forderungen der KP angesichts dieser reaktionären Manöver waren die Forderung nach „Geschlechterparität“ unter den Vertretern des Verfassungskonvents, die Festlegung einer Quote für die indigenen Völker in ihm, die Sicherstellung der Teilnahme unabhängiger konstituierender Abgeordneter und ein niedrigeres Quorum für Abstimmungen als es die Rechte vorschlägt (als 2/3). Der Senat hat diese Maßnahmen bereits abgelehnt. Die Position der KP wurde von ihrem Vorsitzenden Daniel Núñez vor der Abstimmung im Plenum so zusammengefasst: „Ich werde gegen das Projekt 'Abkommen für den Frieden' stimmen, weil es hinter dem Rücken der mobilisierten Menschen durchgeführt wurde. Aber da wir Kommunisten Teil des Verfassungsprozesses sind, werde ich das Plebiszit am 26. April trotz seiner Einschränkungen billigen. Wir werden weiter für eine wirklich neue Verfassung kämpfen.“

Dies ist eine vollständige Kapitulation, eingehüllt in falsche Argumente. Revolutionäre sollten niemals Teil eines „konstituierenden Prozesses“ sein, der versucht, das kapitalistische Regime zu retten und einen Mörder wie Piñera an der Regierung zu halten. Die Pflicht einer Führung, die sich kommunistisch nennt, besteht nicht nur darin, mit den Tausenden von Chilenen, die auf der Straße kämpfen, Seite an Seite zu stehen, sondern auch alle Kräfte der Partei in den Dienst einer Strategie zur revolutionären Umgestaltung der Gesellschaft zu stellen.
Die Mesa de Unidad Social (MUS), die wichtigste Gruppierung der sozialen Bewegungen und Gewerkschaften des Landes, hat eine ähnliche Position eingenommen. Obwohl sie formell gegen das „Friedensabkommen“ ist, hat sie in den letzten Wochen nicht zu Streiks oder großen Mobilisierungen aufgerufen, und das natürlich nicht ohne Grund. Das Gewicht der KP und der CUT-Gewerkschaftsbürokratie innerhalb der MUS ist sehr groß, was zweifellos entscheidend ist, um eine neue Streikwelle zu vermeiden, die den sozialen Frieden, den sie so schwer durchzusetzen haben, sprengen würde.

Jetzt mehr denn je, alle Macht den Arbeitern und dem chilenischen Volk!

Die reformistischen Führungen der Linken haben die Losung der Verfassungsgebenden Versammlung von Anfang an zum zentralen Slogan der Bewegung gemacht. Für die Menschen, die ihr Leben auf der Straße riskieren, hat dieser Slogan offensichtlich einen sehr konkreten Inhalt: mit dem aktuellen Stand der Dinge zu brechen und ihre Existenzbedingungen radikal zu verändern. Die „Verfassungsgebende Versammlung“ – ob nun mit dem Adjektiv „populär“, „frei“ oder „souverän“ versehen – bietet jedoch nur einen parlamentarischen Rahmen, um die strittigen Themen zu „debattieren“.

Ein neues kapitalistisches Parlament wird die Natur des Klassenverhältnisses nicht ändern, in dem die Macht in den Händen einer parasitären Oligarchie konzentriert ist, die niemand gewählt hat und die ihre Diktatur über die Gesellschaft durch das Eigentum an den Produktionsmitteln und die Kontrolle des Staatsapparates ausübt. Wenn dieses neue Parlament – wie auch immer es heißen mag – und die neue Verfassung die kapitalistische Ordnung anerkennen und die wirtschaftliche Macht der 10 Familien, die Chile kontrollieren, intakt lassen, wird sich für die Millionen Arbeiter und Jugendlichen, die heldenhaft kämpfen, nichts Wesentliches ändern.

Während die Bourgeoisie von „Verfassungsreform“ spricht, stärkt sie gleichzeitig ihren Repressionsapparat, um der Bewegung einen Schlag zu versetzen, wenn die Bedingungen günstiger sind. Deshalb ist es eine völlige Schande, dass die Abgeordneten der Linken die neue Anti-Streik-Gesetzgebung, die von der Rechten als „Anti-Streik-Gesetz“ präsentiert wird und die die im Strafgesetzbuch vorgesehenen Strafen gegen Demonstranten verschärft, unterstützt oder sich wie die Abgeordneten der KP der Stimme enthalten haben.

Die strategische Aufgabe der klassenkämpferischen Linken in Chile ist es, diesen mächtigen Aufstand zu vertiefen und ihm Bestand zu verleihen, indem sie sich eine Kampfstrategie zu eigen macht für unbefristete Generalstreiks einschließlich der Besetzung von Betrieben und Bildungsinstitutionen, und für ein konsequentes Programm im Interesse des Volkes: für die entschädigungslose Verstaatlichung der Banken und der Monopole des Landes und ihre demokratische Kontrolle durch die Arbeiter und ihre Organisationen; für öffentliche, würdige, freie und allgemeine Bildung und Gesundheitsfürsorge; würdige Löhne und stabile Beschäftigung; das Recht auf erschwinglichen, öffentlichen Wohnraum; würdige Renten, die hundertprozentig staatlich sind, und ein Ende der AFP (verschiedene private Rentenfonds, AdÜ); Freiheit für alle politischen Gefangenen und sofortige Säuberung der Armee, Polizei und Justiz von Faschisten; Prozess und Bestrafung der Verantwortlichen für die Repression und die Verbrechen der Diktatur; alle Rechte für das Mapuche-Volk. Für die Sozialistische Föderation Lateinamerikas!

Statt eines kapitalistischen Parlaments, das vom Regime kontrolliert wird, müssen wir die Cabildos und Volksversammlungen ausweiten und Aktionskomitees in allen Fabriken, Betrieben, Bildungseinrichtungen und Vierteln aufbauen... Diese Gremien müssen auf nationaler Ebene durch jederzeit wähl- und abwählbare Delegierte in einer Revolutionären Versammlung koordiniert werden, die eine Regierung der Arbeiter wählt, um mit dem kapitalistischen Regime zu brechen.

Die Kräfteverhältnisse sind nach wie vor günstig, um diese Ziele zu erreichen. Auch die Weihnachtsfeiertage haben die Proteste nicht gestoppt. Am Freitag, den 28. Dezember, starb ein junger Demonstrant bei dem Versuch, dem Tränengas und den Wasserwerfern von Militär und Polizei zu entkommen. Die traditionelle Silvesterfeier auf der Plaza Italia wurde in einen großen Protest verwandelt, bei dem erneut der Rücktritt von Piñera gefordert wurde. Es ist inspirierend zu sehen, wie der Widerstand des Volkes trotz des enormen Drucks der Führung, ihn einzudämmen, aufrechterhalten wird.

Die Arbeiterklasse und die Jugend Chiles nehmen den Faden ihrer kämpferischen Geschichte wieder auf, und es besteht kein Zweifel, dass der Sturz des kapitalistischen Systems in Chile schon bald vollzogen wäre, gäbe es eine Arbeiterpartei, die bereit wäre, dieses enorme revolutionäre Potenzial anzuführen und ihm ein Programm zu geben. Und das ist die wichtigste Aufgabe des Augenblicks: diese Organisation mit dem Programm des Marxismus aufzubauen, um die überwältigende Kraft in den Betrieben und auf den Straßen in einen Sieg zu verwandeln.

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