Es scheint kaum vorstellbar, doch vor kaum 6 Wochen, im Oktober, wurde heiß über das Ende sämtlicher Corona-Maßnahmen diskutiert. Der „Freedom Day“, also der Tag, an dem alle Pandemie-Auflagen fallen sollten, war Thema in jeder Talk Show. Schon im Wahlkampf wurde davon gefaselt, dass die Bedrohung durch Corona sich mit der Impfkampagne in Luft auflösen würde; der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung, Andreas Gassen, forderte in der BILD etwa, dass wenn jedem Impf-Willigen ein Angebot gemacht wurde, „eigentlich nahezu alle Corona-Maßnahmen weg [müssten]“. Vier Wochen später wurden neue Rekorde an Infizierten gemeldet und die Krankenhäuser sind in mehreren Bundesländern, insbesondere Sachsen und Bayern, wieder an der Belastungsgrenze. Weder die alte noch die neue Bundesregierung hat Ideen, wie das Personal des kaputt gesparten Gesundheitssystems, das seit 2 Jahren kollektiv vor dem Burnout steht, zu entlasten ist. Stattdessen wird vorgeschlagen, einfach den Mindestpersonalschlüssel auszusetzen, um noch mehr Kranke auf überfüllte, unterbesetzte Stationen schicken zu dürfen.

Mit Hurra in den Abgrund

Diese Situation ist Ausdruck der Unfähigkeit der bürgerlichen Parteien ein effektives Programm zum Schutz der Arbeitenden, Schüler und Rentner zu entwickeln. Die Katastrophe ist eingetreten, obwohl Deutschland im Sommer in einer extrem komfortablen Situation war. Die niedrigen Inzidenzen hätten die Möglichkeit zur effektiven Kontaktverfolgung gegeben. Massentests, wie es sie in anderen Ländern gab, die sehr viel erfolgreicher in der Pandemiebekämpfung sind, etwa Vietnam, Südkorea und China, hätten die konkrete Identifikation von Virusherden und die Unterbrechung der Infektionsketten möglich gemacht. Statt die Möglichkeiten zu nutzen, die Gesundheitsämter ordentlich aufzustellen, die überlasteten Krankenhäuser zu stärken und tausende weitere Tote zu verhindern, haben bürgerliche Politiker jeder Couleur mit dem Ende Pandemie Wahlkampf gemacht.

Chaos statt Planung

Die Parteien der „Mitte“, von CDU bis Grüne, haben stattdessen erst Untätigkeit und nun kopflosen Aktionismus gewählt. Statt dem Freedom Day wurde beinahe über Nacht 3G am Arbeitsplatz eingeführt, und es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis flächendeckende Lockdowns wieder auf der Tagesordnung stehen. Die Infrastruktur für die Durchführung von Tests wurde ebenfalls über den Sommer abgebaut und es wurde kein System entwickelt, das die oft von zwielichtigen Unternehmern betriebenen, teuren privaten Testzentren flächendeckend durch staatliche, qualitative Angebote ersetzt. Genauso wurden Impfkapazitäten abgebaut, in Mecklenburg-Vorpommern wurde etwa die Impf-Hotline des Gesundheitsministeriums am 1. November abgeschaltet, nur um eine Woche später wieder in Betrieb genommen zu werden. Gleichzeitig wurden auch die Kapazitäten der Impfzentren eingeschränkt, nur um wenige Tage später die Debatte um Booster-Impfungen anzustoßen, die die Nachfrage nach Terminen wieder in die Höhe trieb.

Es zeigt sich aktuell, dass die Hoffnung der bürgerlichen Parteien, die Pandemie alleine durch die Impfung beerdigen zu können, enttäuscht wird. Der Impfschutz durch die aktuell verwendeten Vakzine hält wohl kaum ein halbes Jahr, zusätzlich ist unklar, wie die Wirkung gegen neue Mutanten wie die neu aufgetauchte Omicron-Variante aussieht. Gerade die Aussicht, dass regelmäßige Auffrischimpfungen notwendig sein könnten um der Krankheit dauerhaft Herr zu werden, bestätigt unsere Forderung nach einer Vergesellschaftung des gesamten Gesundheitssystems, inklusive der Produktion und Entwicklung von Arzneimitteln.

Sie retten Profite statt Leben!

Die skandalöse Situation, dass staatliche Forschung, die zur Entwicklung der Impfungen durchgeführt wurde, die Gelddruckmaschine für private Pharmakonzerne geworden ist, darf nicht bestehen bleiben. Sie führt zum einen zum Ausbluten der öffentlichen Kassen, unter anderem durch überteuerte Preise, wie in den Skandalen um die Vertragsgestaltung etwa mit Pfizer und Moderna, öffentlich geworden ist. Laut einer Studie des Bündnisses „The People’s Vaccine“, das einen allgemeinen Zugang zu Impfungen zum Herstellungspreis fordert, hat die EU alleine für die Impfdosen dieser beiden Unternehmen 31 Milliarden Euro mehr als die Produktionskosten gezahlt. Geld, das mindestens 9 Profiteure dieser neoliberalen Politik zu Neu-Multimilliardären gemacht hat, während für die Arbeitenden des Gesundheitssektors wenig mehr als Klatschen und warme Worte bleibt.

Auch wenn die Krankenpfleger und -pflegerinnen unter der Belastung der Pandemie ächzen, gibt es auch in den privatisierten Krankenhäusern Deutschlands natürlich Gewinner: Der Aktienwert des größten deutschen Gesundheitsdienstleisters, der Helios-Kette hat sich seit November 2019 etwa verdreifacht und konnte durch die Übernahme von vier weiteren Krankenhäusern mit etwa 1.300 Betten sowohl expandieren, als auch die Dividende um 5% erhöhen.

Die Profitmacherei mit einem der elementarsten Bereiche des menschlichen Zusammenlebens ist Ausdruck der Absurdität des Spätkapitalismus. Alle oben aufgeführten Beispiele zeigen, dass die Pandemie nur durch eine zentral organisierte, geplante Antwort gestoppt werden kann. Die herrschende Politik soll nicht unsere Gesundheit schützen, sondern die Profite der Kapitalisten. Umgesetzt wird nur, was Aktienkursen und Dividenden nicht schadet. Das Bestreben diese kurzfristig zu schützen macht die bürgerliche Politik unfähig, langfristige Perspektiven für die Bekämpfung der Pandemie zu entwickeln.

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