Das folgende Interview wurde mit einem Angestellten in einem Hamburger PCR-Test-Labor geführt.

Du arbeitest in einem PCR-Labor in Hamburg. Was genau ist eure Aufgabe?

Wir kriegen Abstriche und andere Patientenproben geschickt, die auf das Coronavirus untersucht werden müssen. Dazu wird die PCR-Technik angewendet. Das dauert ein bisschen, weil die Proben müssen vorbereitet werden. das dauert bis zu einer Stunde, danach müssen sie ins Gerät, was nochmal eine Stunde dauert. Da wird PCR durchgeführt, und danach muss dann nochmal ausgewertet werden durch das Personal und die medizinischen Befunde rausgeschickt werden, ob jetzt jemand positiv oder negativ oder die Probe wiederholt werden muss (was hin und wieder passiert, weil die Technik leider nicht perfekt ist). Also alles in allem ein ordentlicher Arbeitsaufwand pro Test.

Welchen Stellenwert nimmt eure Arbeit während der Pandemie ein?

Ich würde sagen, neben den Pflegekräften und Ärzten den höchsten Stellenwert. Anders als der Begriff „Antigentest“ vermuten lässt, funktionieren Antigentests ja nur über Proteine, also der äußersten Virushülle. Bei PCR wird die Virus-DNA/RNA an sich untersucht, also die Sequenz, was um ein Vielfaches genauer ist. Dadurch können wir nicht nur untersuchen, ob jemand positiv ist, sondern auch welche Variante er hat und wie lange er schon infiziert ist, also deutlich mehr als bei den Antigentest die gerade im Umlauf sind. Politisch und medizinisch macht es also auf jeden Fall Sinn, so viele PCR-Tests wie möglich zu machen. Man könnte zum Beispiel Quarantänezeiten und Kontaktnachverfolgung viel besser planen, je mehr PCRs man macht. Teilweise ist es auch ganz entscheidend in Krankenhäusern, wenn Patienten vor ihren OPs ihre PCR-Testergebnisse brauchen, für Kitas oder für die Mitarbeiter aus verschiedenen Betrieben.

In den Medien gab es Berichte über die Überlastung einiger PCR-Labore. Wie haben du und deine Kollegen die Situation wahrgenommen?

Die Situation im Labor ist sehr angespannt. Wir sind einfach zu wenig eingearbeitete Leute für die ganze Arbeit, wodurch der Stress für uns größer wird. Kollegen sind nicht einverstanden, mit der ganzen Mehrarbeit, die von uns abverlangt wird. Viele meckern darüber, dass zu viel zu tun ist, aber es wird einfach immer mehr verlangt. Das spiegelt sich auch in den Überstunden wider. Ein Kollege hat mir letztens erzählt, dass er schon Überstunden im dreistelligen Bereich angesammelt hat. Inzwischen ist es schon die Regel, dass man pro Tag eineinhalb Stunden länger bleibt als man muss. Aber die Vorgesetzten zeigen wenig Verständnis dafür, wenn man sich beschwert. Es wird sehr wenig unternommen, um uns die Arbeitslast zu erleichtern. Die wird eher vergrößert. Stattdessen sind wir es dann sogar noch am Ende, die am Telefon uns dafür rechtfertigen müssen, wenn der Test von einem Patienten sich mal verzögert.

Du sagst, die Geschäftsführung unternimmt nichts? Wurden keine neue Stellen in Aussicht gestellt? 

Es wird nichts in der Richtung unternommen, die Anzahl der Patientenproben zu verringern. Man bräuchte zum Beispiel dringend mehr Labore, auf die sich die Last aufteilen könnte. Das wäre ja möglich: Allein Wien hat ja pro Tag mehr Testkapazitäten als ganz Deutschland, deutlich mehr. Leider wurde nichts aus der Pandemie gelernt und unsere Testkapazitäten wurden nicht ausgebaut, weshalb wir jetzt diese Probleme haben. Von der Geschäftsführung kamen eigentlich nur Konzepte und Vorgaben, wie wir besser und effizienter Arbeiten können. Die Beschränkung für die Patientenproben kam erst durch die Politik. Es wird sich nicht mal bedankt von Seite der Chefs, was ja wohl das Mindeste wäre.

Und was neue Stellen betrifft: Es wurden zwar ein paar Leute eingestellt, aber es hilft nur begrenzt Der Geschäftsführer hat sogar öffentlich zugegeben, dass die Maßnahmen nicht ausreichen. Und das, obwohl die Umsätze eigentlich mehr als stimmen.

Inwiefern?

Letzte Woche hatten wir ca. 26.000 Tests. Ca. 30% davon sind sehr wichtige Proben, die etwas teurer sind und dafür schneller bearbeitet werden. Der Rest sind normale Proben, die dann etwas länger dauern. Ein Test mit Priorität kostet 100€, alles andere kostet 80€. Wenn wir das jetzt auf 26.000 Proben anwenden, kommen wir pro Woche auf einen Umsatz von 2.200.000€. Im Jahr wären das fast 115 Mio. Euro. Geld ist also mehr als genug da, das Labor ist ein absoluter Gewinner und die Arbeiter im Labor sind die Verlierer der Pandemie. Es gab in der ganzen Zeit nicht einmal eine Gehaltserhöhung.

Statt das ganze Geld dann für den Ausbau der Infrastruktur zu nutzen, wurde als Reaktion darauf ja von der Politik beschlossen, dass PCR-Tests jetzt nur noch sehr eingeschränkt verfügbar sein sollen. Hältst du das für sinnvoll?

Für uns bedeutet das natürlich erstmal ein bisschen Entlastung, weil es weniger Tests sind, aber sogar das hält sich total in Grenzen, weil ja bei der Auswertung trotzdem Eile geboten ist. Dadurch werden wir immer ungenauer, worauf unsere Chefs nur mit neuen Vorgaben für uns reagieren. Und für die allgemeine Gesundheit ist die Einschränkung von PCR-Tests ein Schlag ins Gesicht, eigentlich bräuchte es ja mehr und nicht weniger. Wie ich eben schon sagte, die Testkapazität wurde während der Pandemie nicht stark genug ausgebaut, weshalb wir jetzt ein großes Problem haben, was eigentlich total vermeidbar gewesen wäre und weshalb die körperliche und geistige Belastung für die Beschäftigten dramatisch gestiegen ist.

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