Betriebsräte stehen unter Druck in Deutschland. Seit 1996 sank die Anzahl der von Betriebsräten vertretenen Beschäftigten in Westdeutschland auf 41 Prozent, im Osten auf 36. Insbesondere außerhalb der Großbetriebe der alten Industrie fehlt den Arbeiterinnen und Arbeitern auch das bisschen an Schutz, der ihnen durch eine offizielle Vertretung zugebilligt wird. Im Zuge des verschärften Klassenkampfes von oben sind viele Bosse der Meinung, dass sie auf sozialpartnerschaftliche Zugeständnisse nicht mehr angewiesen sind. Oft genug bedienen sie sich der Methoden des „Union Bustings“, also aggressiver Methoden zur Bekämpfung hart erkämpfter Arbeiterrechte, in dem sie etwa kämpferische Kolleginnen und Kollegen kündigen oder, wie in der letzten Ausgabe im Artikel „Ein Kompromiss wie sauer Bier“ geschildert, ganze Betriebe in Tochtergesellschaften zerschlagen um den Betriebsrat handlungsunfähig zu machen.

Ob es an der bevorstehenden Wahl liegt oder an ernsthafter Sorge um das „sozialpartnerschaftliche“ Modell, dem sie ihre Relevanz verdankte, hat sich nun auch die SPD, die immerhin die letzten 8 Jahre den Arbeitsminister gestellt hat, entschlossen, sich diesem Problem anzunehmen und das zuletzt 1972 aktualisierte Betriebsverfassungsgesetz zu ergänzen. Allein der Name des Projekts sagt viel aus über die Durchsetzungsfähigkeit der SPD – statt Betriebsrätestärkungsgesetz wurde das beschlossene Gesetz auf Druck der CDU Betriebsrätemodernisierungsgesetz genannt. Die Sozialdemokratie schafft es nicht einmal mehr auf dem Etikett arbeiterfreundlich zu sein. Erkauft wurde die Zustimmung der Union ohnehin durch das Zugeständnis der SPD zur Ausweitung der Sozialversicherungsfreiheit ausländischer Saisonarbeiter in der Landwirtschaft von 70 auf 102 Tage, ein erbärmlicher Kuhhandel auf Kosten der jetzt schon benachteiligten Arbeiter.

Dass es überhaupt Streit um das zahme Entwürfchen gab, sagt viel über den Stand des Klassenkampfes in Deutschland aus – der zwar laut CDUlern wie dem NRW-Arbeitsminister Laumann längst überwunden ist, gleichzeitig so heftig geführt werden muss, dass nicht einmal der Name eines solchen Papiertigers zu arbeiterfreundlich klingen darf.

Im Gesetz enthalten sind einige überfällige technische Details zu Mitbestimmungs- und Wahlrechten, etwa das Sitzungen auch digital durchgeführt werden dürfen oder das ein gewisses Mitspracherecht beim Einsatz von KI-Technologien eingeführt wird, etwa wenn ein solches Programm „Vorgesetztencharakter“ bekommt, in dem es dem Arbeiter Weisungen erteilt oder das Arbeitstempo vorgibt. Kernstück ist der erweiterte Schutz vor Kündigung, der vor allem in kleineren Betrieben die Betriebsratsgründung erleichtern soll, in dem schon Kollegen, die „Vorbereitungshandlungen“ zur Betriebsratswahl treffen, drei Monate geschützt werden, nicht erst ab der Aufstellung als Kandidat. Außerdem sollen Betriebsräte künftig bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit und Home Office mitbestimmen können, ob diese aber eingeführt wird ist weiter alleinige Entscheidung der Chefs.

Was man im Gesetz nicht findet, sind ernsthafte Schutzmaßnahmen vor den Methoden des Union Bustings. Die Betriebsräte haben weiterhin keine Einspruchsmöglichkeiten gegen Betriebsaufspaltung und andere Taktiken, die die Bosse mit ihrer „wirtschaftlichen Freiheit“, also ihrer diktatorischen Kontrolle über die Lebensumstände der Arbeiter, begründen können. Ernsthaft abschrecken wird es also keinen Kapitalisten, der seinen Angestellten nicht einmal kleinste Krumen der betrieblichen Mitbestimmung zubilligt. Wieder einmal zeigt sich, dass alle Bekenntnisse zu einem angeblichen Ausgleich zwischen Arbeit und Kapital in der „Sozialpartnerschaft“ höchstens temporär sind, wenn die Arbeiter in der Lage sind diesen auch zu erzwingen. Eine echte Demokratisierung der Wirtschaft ist nur auf einem Wege möglich – dem Weg in den Sozialismus.

 

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