Die jüngste Entscheidung des Hamburger Senats zur Teilprivatisierung des größten Hamburger Containerterminalbetreibers HHLA reiht sich ein in Jahrzehnte der Privatisierungen und der Deindustrialisierung in und um den Hamburger Hafen. Der Blick in die Vergangenheit hält dabei auch wichtige Lehren für unseren heutigen Kampf gegen diesen Angriff auf die Beschäftigten der HHLA und der Arbeiterklasse ganz Deutschlands bereit! Wir erinnern an den beispielhaften Kampf der Hamburger Werftarbeiter und die Besetzung der „Howaldtswerke Deutsche Werft“ (HDW), die sich in diesem Jahr zum 40. mal jährt. Alle Räder stehen still, wenn unser starker Arm es will!

Eine stolze Tradition trifft auf Deindustrialisierung

Die „Howaldtswerke Deutsche Werft AG“ (HDW) entstand 1967 durch einen Zusammenschluss der Kieler Howaldtswerke (ehemals Vulkanwerft) in Hamburg Steinwerder und der Werke Finkenwerder und Reiherstieg der Deutschen Werft. Zu 75% im Besitz der BRD und des Landes Schleswig-Holstein wurde die HDW zur größten Werft Deutschlands, in der Schiffsbau, -reparaturen und die Konstruktion von Tankanlagen vorgenommen wurden und in der Tausende Arbeiter beschäftigt waren. Sowohl die Howaldtswerke als auch die Deutsche Werft hatten eine lange Tradition im Hamburger Hafen und ihre Beschäftigten waren zum großen Teil in der IG Metall organisiert.

Doch die zunehmende internationale Arbeitsteilung und Deindustrialisierung haben Hamburg hart getroffen. Nachdem bereits 1982 die Maschinenfabriken Heidenreich & Harbeck und Kampnagel geschlossen worden, begannen Politik und Arbeitgeber, auch die Großwerften anzugehen.

Regierung und Bosse vernichten 1.354 Arbeitsplätze in nur einer Woche!

Schon 1973 stellt die Geschäftsführung der HDW den Schiffsneubau ein und schließt das Werk in Finkenwerder. Im März 1983 trifft sich der Vorstand mit dem Hamburger Bürgermeister für einen neuen Großangriff: über eintausend Arbeiter sollen binnen einer Woche entlassen, das Betriebsgelände massiv verkleinert werden! Und allen ist klar: Wenn diese Arbeitsplatzvernichtung Erfolg hat, dann werden weitere Angriffe folgen. Ein „Tod auf Raten“, wie es HDW-Betriebsrat Holger Mahler ausdrückt.

Bereits bei den Schließungen der Maschinenfabriken im Jahr zuvor haben die Metaller ihre Kampfbereitschaft und ihren guten Organisierungsgrad unter Beweis gestellt. Sie beginnen sofort, sich zur Wehr zu setzen, treffen sich zu Protesten und Demonstrationen. Die Frauen der HDW-Arbeiter veranstalten sogar einen tagelangen Hungerstreik an den Landungsbrücken mit einem klaren Appell an ihre Männer: Kämpft!

Am Montag, den 12. September 1983 halten die HDW-Arbeiter eine Betriebsversammlung in ihrer Werft ab und ziehen danach durch die Innenstadt. Die erste Reihe hält ein Transparent hoch mit einer klaren Botschaft: „Lieber HDW besetzen als zum Arbeitsamt hinhetzen!“. Der Demonstrationszug kehrt zum Betriebsgelände zurück und mit einer deutlichen Mehrheit stimmen die Arbeiter dafür, ihre Werft im Widerstand gegen die Kündigungen ab sofort besetzt zu halten.

Die Werkstore werden mit Ketten versperrt und Torwachen und Streikposten aufgestellt. Die Arbeiter organisieren selbstständig Schlafplätze, Essen, Trinken und Unterhaltung in der Kantine, jeden Tag werden Betriebsversammlungen abgehalten und über das weitere Vorgehen abgestimmt. Sie halten der Sabotage der ausgesperrten Werksleitung stand, die ihnen Licht und Wasser abstellt und die Telefonleitungen kappt.

Die Solidarität aus der Bevölkerung ist enorm: allein in bar werden in wenigen Tagen 630.000 D-Mark gespendet, Bäcker bringen Brötchen und Kaffee vorbei und Anwohner veranstalten Konzerte vor den Betriebstoren. Die Besetzung wird schnell zum Symbol für ganz Deutschland. Nur in den ersten fünf Tagen kommen über eintausend Gewerkschafter und Kollegen aus der ganzen BRD zu Besuch, um ihre Solidarität zu bekunden.

IG Metall Führung lässt Werft-Arbeiter im Stich

Doch nach neun Tagen wird die Besetzung beendet, nachdem eine knappe Mehrheit der Beschäftigten dafür gestimmt hat. Die Geschäftsführung nutzt die Gelegenheit, an der HDW ein brutales Exempel zu statuieren: schon in den ersten Tagen werden die „Rädelsführer“ rausgeworfen, im Laufe einer Woche 1.400 weitere Kollegen. Der Rest der HDW wird ausgegliedert und an Blohm + Voss verschenkt und 1988 endgültig geschlossen.

Doch das was zum Sieg gefehlt hat, war nicht der Kampfeswillen und Mut der Belegschaft oder die Solidarität der Bevölkerung. Es war eine klare gewerkschaftliche Führung. Die Führung der IG Metall hat sich aus „rechtlichen Gründen“ geweigert, Besetzungen als Kampfform anzuerkennen und damit keine „offizielle Unterstützung“ geliefert. So ist es kein Wunder, dass sich viele der HDW-Kollegen nach neun Tagen isoliert und demotiviert gefühlt haben. Auch nach dem Streik hat die IG Metall Führung eine große Chance verpasst, als der von den Hamburger Metallern gestellte Antrag zur Aufnahme von Betriebsbesetzungen als offizielles Kampfmittel abgeschmettert wurde.

Doch trotz der Niederlage bleibt die neuntägige Besetzung der größten deutschen Werft ein glänzendes Beispiel des Mutes und der Solidarität der Arbeiterklasse und sie zeigt auch heute klar: Wir brauchen kämpferische Gewerkschaften, die bereit sind, um jeden Arbeitsplatz zu kämpfen!

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