In den Morgenstunden des 06. Februar 2023 wurde die türkisch/kurdisch/syrische Grenzregion von einem Erdbeben der Stärke 7,8 erschüttert. Betroffen ist ein Gebiet von einer Größe von 103.000 Quadratkilometern mit einer Bevölkerungsanzahl von 13,5 Millionen Menschen. Der Naturkatastrophe folgte unmittelbar ein politisches Desaster, das sich als Verstrickung aus behördlichem Versagen, institutionellem Rassismus, Korruption und krimineller Machenschaften und Intrigenspielen der türkischen AKP-Regierung zu erkennen gab und bis jetzt bereits über 46.000 Todesopfer und 200.000 Verletzte einforderte.

Circa 5 Millionen Menschen sind von Obdachlosigkeit betroffen und können nicht mehr in ihre stark beschädigten und einsturzgefährdeten Häuser und Wohnungen zurückkehren. In der Region sind bis heute ständige Nachbeben zu vernehmen und eine Entspannung der seismologischen Aktivitäten vorerst nicht in Sicht. Die Bevölkerung ist durch die medizinische und sanitäre Unterversorgung vom Ausbruch infektiöser Krankheiten akut bedroht. Die Region hat ein weiteres kollektives Trauma erlitten, ist die Region doch schon seit Jahrzehnten bereits ein politischer und militärischer Krisenherd.

Zu den Erdbebenopfern zählen auch viele kurdische und syrische Geflüchtete aus dem Krieg in Syrien und etlichen völkerrechtswidrigen türkischen Militäroffensiven gegen kurdische Gebiete. Durch die Abriegelung der Grenzübergänge wird die ausbleibende Versorgung der Erdbebenopfer in den kurdisch/syrischen Regionen zum Politikum und zeigt deutlich die jahrzehntelange offen rassistische und großkapitalistische Regierungsform von Erdoğans AKP-Regierung. Etliche internationale Hilfsorganisationen und zivile Helfer werden an der Überquerung der Grenzen gehindert und können die stark getroffenen Gebiete mit vielen Todesopfern und Verletzten nur unter erschwerten Bedingungen oder gar nicht erreichen. Hilfsgüterkonvois werden abgefangen, ihre Lieferungen als AKP-Spenden umdeklariert oder sie verschwinden gänzlich. Noch bis heute haben viele Städte und Orte keine oder nur unzureichende medizinische Versorgung, knappe Nahrungsmittelvorräte und teilweise kein Zugang zu Strom, Internet und sauberem Trinkwasser. Der türkische Staat und das Assad-Regime potenzieren durch ihre Autokratie die Zerstörungskraft des Erdbebens um ein Vielfaches.

Neben der Bergung der Opfer, der Räumung der Trümmer, dem Wiederaufbau städtischen und ländlichen Lebens und der Stabilisierung der Infrastruktur wird es für die Bevölkerung viele Jahre dauern, sich von diesen Ereignissen zu erholen.

Wenn man die Ursachen der momentanen Krise in der Türkei analysieren möchte, muss man die repressive und reaktionäre Herrschaft der letzten 20 Jahre des Erdoğan-Regimes , und seine korrupte und pro-kapitalistische Vetternwirtschaft betrachten.

Dabei begann die Tragödie für die türkische und kurdische Arbeiterklasse mit den immer dreister durchgeführten Umlenkungen und Veruntreuungen von Milliarden an Steuergeldern, der Verursachung historisch hoher Inflationsraten und dem Herunterwirtschaften des Bildungs- und Gesundheitswesens.

Die Staatskasse weist für die Erdbebenprävention durch die türkische Katastrophenschutzbehörde ein zugeteiltes durchschnittliches Budget von ca. 450 Millionen Euro auf, während beispielsweise das Präsidium für Religionsangelegenheiten (tr. kurz: Diyanet) einen Etat von ca. durchschnittlich 1,5 Milliarden Euro bemisst. Noch dazu ist völlig unklar, wohin die Einnahmen der Erdbebensteuer des türkischen Staates geflossen sind, die Erdogan noch 2022 erhöht hatte. Seit 2003 wurden Steuereinnahmen in Höhe von 174 Mrd. Türkische Lira eingenommen. Wohin ist dieses Geld geflossen?

In einem Land, das global eines der stärksten von Erdbeben betroffenen ist, sind solche fehlerhaften politischen Entscheidungen und Koordinationen die Sicherheit der Bevölkerung betreffend unmittelbar verantwortlich für hohe Opferzahlen.

So wundert es nicht, dass die türkische Katastrophenschutzbehörde (AFAD) seit dem Erdbeben komplett handlungsunfähig ist und die chaotische Situation und die humanitäre Krise außerhalb ihrer Kontrolle und ihres Einflusses liegt. Die Distribution von Hilfsgütern jeglicher Art scheitert an der logistischen Umsetzbarkeit und dem Mangel einer gut organisierten staatlichen Vorbereitung im Katastrophenfall. Hinzu kommt der von der türkischen Regierung jahrzehntelang initiierte und angeheizte Rassismus gegen die kurdische und alevitische Bevölkerung, wie auch Geflüchteten aus Syrien gegenüber. Selbst im Katastrophenfall funktionieren diese reaktionären Mechanismen einwandfrei und kosten Menschenleben.

Das vollkommen von Korruption, Kriminalität und Profitmaximierung zersetzte Bauwesen trägt einen großen Anteil an der starken Verwüstung und der Opferzahl durch Erstellung von gefälschten Zertifikaten die Sicherheit der Gebäude betreffend. Weitere Verantwortlichkeit liegt bei diversen Behörden, die illegale Genehmigungen für baustatisch unsichere Aufstockungen von Wohnhäusern vergeben und bei der baustoffverarbeitenden Industrie, welche ihre Baumaterialen mit minderwertigen Substanzen streckt und durch ihre Profitgier für die fatalen Einstürze der minderwertigen Gebäude verantwortlich ist. All diese ineinander greifenden Elemente zeichnen das heutige Ausmaß der Katastrophe aus.

In dieser aktuellen Lage ist die Solidarität und die Hilfeleistung unter der Bevölkerung in ihrer Hochform und demonstriert uns durch die Bilder und Berichte die uns erreichen die Kraft und die Fähigkeit der Arbeiterklasse in Krisenzeiten ihre Wirksamkeit zu mobilisieren. Organisationen der Arbeiterklasse wie die türkische TKP oder die Vereinte Textilgewerkschaft Birleşik Tekstil Sendikası beteiligen sich an der Versorgung der Erdbebenopfer und es bleibt zu hoffen, dass die internationale Solidarität an der Seite der türkisch/kurdisch/syrischen Arbeiterklasse weiterhin bestehen bleibt. Die Tage der autokratischen AKP Regierung und der türkischen Bourgeoise sollten seit dieser Krise gezählt sein.

Für den Kampf einer sozialistischen Revolution!

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