Seit ihrem Regierungsantritt hat die argentinische Regierung des Neofaschisten Javier Milei, die sich aus direkten Vertretern des Finanzkapitals und der Großgrundbesitzer und Industrieoligarchie zusammensetzt, per Dekret eine ganze Reihe an Maßnahmen erlassen, die den größten Angriff auf die argentinische Arbeiterklasse und die demokratischen Rechte seit dem Ende der Militärdiktatur darstellen.

Selbst Medien wie die spanische Zeitung El País, die bestimmt nicht im Verdacht steht, links zu sein, bezeichnete das „Dekret der Notwendigkeit und Dringlichkeit“ (DNU) als „Demontage des Staates“. Der Gesetzestext, der am 20. Dezember vorgelegt wurde, hebt mehr als 300 Vorschriften auf und gibt der Entlassung Tausender öffentlicher Angestellter freie Hand.

Neben diesem Mega-Dekret wurde dem Parlament auch das so genannte Ley Omnibus („Ley de Bases y Puntos de partida para la libertad de los argentinos“) vorgelegt; ein Ermächtigungsgesetz, das die Kompetenzen und die Macht in den Händen von Milei deutlich erweitern würde. Diese juristische Unverschämtheit ebnet der Privatisierung öffentlicher Unternehmen und sozialer Dienste den Weg und stärkt rechtlich und juristisch die Macht der Bosse mit dem Ziel, die argentinische Arbeiterbewegung in die Knie zu zwingen und einen qualitativen Sprung bei der Prekarisierung der Arbeitsbedingungen zu machen.

Diese unverhohlene Offensive im Interesse der Bourgeoisie und die brutalen repressiven Maßnahmen, um sie erfolgreich durchzuführen, haben eine Euphorie unter den Kapitalisten ausgelöst und die Börse in die Höhe schnellen lassen.

Und doch behaupten einige, dass Milei kein Kandidat der Bourgeoisie ist!

Zu den Sachen, die abgeschafft wurden, gehören unter anderem: die Verpflichtung, die inländische Versorgung mit Grundnahrungsmitteln zu gewährleisten; das Mietgesetz, an dessen Stelle die Rechte der Mieter auf ein Minimum reduziert und den Spekulanten absolute Macht verliehen wird; und sämtliche Regelungen, die verhinderten, dass private Krankenversicherungen die Preise frei festsetzen und ihre Macht vergrößern können, um die öffentlichen Versicherungen immer weiter zu untergraben.

Aber der Punkt, auf den die Arbeitgeber am meisten erpicht waren und den sie am euphorischsten beklatscht haben, ist die brutale Konterrevolution gegen die Arbeiterrechte und die Macht der Gewerkschaften in großen und kleinen Betrieben.

Der Erlass der Regierung Milei sieht die Abschaffung von Geldstrafen für Arbeitgeber vor, die ihre Arbeiter nicht registrieren lassen, und legalisiert damit Ausbeutung par excellence und die Verletzung sämtlicher Arbeitsgesetze. Außerdem wird die Probezeit von 3 auf 8 Monate verlängert und die Verpflichtung zur Bezahlung von Überstunden abgeschafft, so dass der Arbeitstag auf 12 Stunden verlängert werden kann.

Wahllose Entlassungen werden praktisch legalisiert. Die Arbeitgeber können ausgelagerte Arbeitsplätze, die einen immer größeren Anteil der Arbeiterschaft betreffen, ohne Abfindung und ohne rechtliche Hindernisse entlassen. In kleinen Unternehmen wird die Möglichkeit der Registrierung von bis zu fünf Arbeitern als Selbständige legalisiert, so dass diese außerhalb jeglichen Arbeitsschutzes stehen. Hinzu kommen weitere Erleichterungen bei der Entlassung von Beschäftigten, die in öffentlichen Unternehmen tätig sind oder direkt von großen Privatunternehmen eingestellt wurden. Das Dekret hat bereits zur Entlassung von 5.000 öffentlichen Angestellten geführt, deren Verträge erst im letzten Jahr abgeschlossen wurden. Noch viele weitere Entlassungen werden folgen.

Um die bedingungslose Anwendung dieser Maßnahmen zu gewährleisten, führt das DNU Antistreikgesetze ein, die darauf abzielen, das Rückgrat der argentinischen Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung zu brechen, indem sie im Streikfall obligatorische „Mindestdienstleistungen“ einführen, die mehr als 60 % der Produktion betreffen, einschließlich bisher uneingeschränkter Bereiche, das Streikrecht von ausgelagerten Arbeitern verhindern und die Illegalisierung von Kampfformen in Betracht ziehen, die die argentinische Arbeiterbewegung seit Jahrzehnten benutzt hat, wie das Blockieren von Betriebstoren und die Besetzung von Unternehmen.

Diese streikfeindliche Gesetzgebung reiht sich in die neofaschistischen und antidemokratischen Maßnahmen gegen Demonstrationen und Straßenblockaden ein, die bereits von der Sicherheitsministerin Patricia Bullrich vorgelegt wurden. Jeder, der an Streiks und Demonstrationen teilnimmt, die die Regierung für illegal oder gegen das öffentliche Interesse erklärt, muss mit stratosphärischen Geldstrafen, Streichung von Hilfen und sogar Gefängnisstrafen rechnen. Es geht sogar so weit, dass Versammlungen von mehr als drei Personen erst vom Sicherheitsministerium genehmigt werden müssen, und die Polizei verfügt nun über einen umfangreichen Katalog von Gründen, aus denen ohne Konsequenzen geschossen werden kann, da es sich um „Notwehr“ handelt.

Eine Oligarchenregierung mit einem Faschisten an der Spitze

Die Brutalität dieser Maßnahmen und die halsbrecherische Geschwindigkeit, mit der sie durchgeführt werden, sind kein Zufall. Wie wir von der Internationalen Revolutionären Linken betont haben und Millionen von Unterdrückten instinktiv verstehen, war es ein schwerer Fehler, die Gefahr zu unterschätzen, die von Milei ausging, und sich zu weigern, ihn als das zu bezeichnen, was er ist: ein neofaschistischer Verbrecher, der die Rückendeckung der argentinischen Bourgeoisie hat, um mit den Mechanismen einer in die Krise geratenen kapitalistischen Demokratie eine Wende zum Totalitarismus zu vollziehen.

Dass Teile der Linken, darunter einige, die sich selbst als Revolutionäre, Trotzkisten oder Kommunisten bezeichnen, diese Person als reinen Außenseiter betrachten, der nicht die argentinische Bourgeoisie repräsentiere (die Alternative der Bourgeoisie sei Massa, sagten sie), oder darauf bestanden, dass die herrschende Klasse ihn in die Schranken weisen und seine Exzesse kontrollieren würde, zeigt, wie dumm die doktrinäre und arrogante Doktrin dieser „Theoretiker“ ist, die immer wieder auf leere und steife Formeln zurückgreifen, um ihre Fehler zu rechtfertigen.

Was für eine erbärmliche Art, die Methoden des Marxismus zu verhunzen! Weiterhin darauf zu beharren, dass Milei „reiner Zufall“ ist und nicht die herrschende Klasse repräsentiert oder dass die herrschende Klasse keine soziale Konfrontation will, trägt nur dazu bei, jegliche Gegenreaktionen zu lähmen und Mileis weiteres Vordringen zu erleichtern.

Die Realität ist ganz klar. Milei handelt mit einer Entschlossenheit und Kühnheit, die an diejenige erinnert, die verschiedene faschistische Führer in anderen historischen Momenten gezeigt haben. Die entscheidenden Teile der herrschenden Klasse, die durch die tiefe Krise des argentinischen Kapitalismus unter Druck geraten sind, sind sich bewusst, dass eine Konfrontation unvermeidlich ist. Und angesichts der Dynamik und der Vormachtstellung, die Milei in den Mittelschichten und sogar in den demoralisierten und von der Krise schwer getroffenen Teilen der arbeitenden Bevölkerung erlangt hat, haben sie darauf gesetzt, aufs Ganze zu gehen und sich auf dieses neofaschistische Element zu stützen, um eine Agenda von Kürzungen und Angriffen umzusetzen, die sie seit Jahren herbeisehnen und die frühere rechte Regierungen nicht so weit wie nötig umsetzen konnten.

Hinzu kommt, dass die Diskreditierung und die Passivität der rechtsgerichteten peronistischen Führer und die zögerliche Reaktion der Gewerkschaftsbürokratie sie noch mehr ermutigt.

Die reaktionäre und repressive Offensive in Argentinien dient der extremen Rechten und der zunehmend radikalisierten traditionellen Rechten in anderen Ländern als Beispiel und Bezugspunkt. Daher die Anwesenheit einer Vielzahl von internationalen Führungsfiguren, einer reaktionärer als der andere, bei der Amtseinführung von Milei und die anschließenden Erklärungen aller, die ihre Begeisterung für den Sozialabbau und die Angriffe auf die Arbeiterklasse zeigen, die die argentinische Bourgeoisie in Gang setzt.

Für einen Massengeneralstreik und eine revolutionäre Einheitsfrontpolitik

Trotz des Schocks über die Wahlniederlage und des Fehlens eines klaren und entschlossenen Aufrufs und Kampfplans seitens der Gewerkschaftsführungen, begreift die argentinische Arbeiterklasse, die Bewegung der Piqueteros (soziale Bewegung, die als Protestform Straßen und Unternehmen blockiert, vom spanischen Piquetes für Streikposten, Anm. d. Ü.), die Frauenbewegung und die militante Linke die tödliche Gefahr, in der sie sich befinden, und geben ein Beispiel an Mut und Entschlossenheit.

Die Piqueteros und die militantesten Basisbewegungen haben sich bereits mit mehreren Massendemonstrationen auf der Straße den neuen Gesetzen widersetzt. Trotz der Repressionen und Verhaftungen gehen die Proteste seit der Ankündigung des DNU fast täglich weiter. Und bei diesen Demonstrationen wird die Forderung lauter, dass die Gewerkschaftsführungen der CGT und der beiden zentralen Organisationen, in die die CTA unterteilt ist, jetzt einen Generalstreik ausrufen. Unglaublicherweise ruft die CTA Führung immer noch zur Ruhe auf und zögert, einen Generalstreik auszurufen, da sie darauf bestehen sich zusammenzusetzen und mit Milei und den Unternehmerverbänden über weniger harte Anpassungen und Kürzungen zu beraten!

Das Ausmaß des Angriffs und der Druck von unten haben aber die Führung des wichtigsten Gewerkschaftsbundes, der CGT, schließlich dazu gezwungen, für den 24. Januar einen Generalstreik auszurufen, der mit dem Beginn der Diskussion des Omnibus-Gesetzes im Kongress zusammenfällt, und es ist absehbar, dass sich die anderen Gewerkschaftsbünde dem anschließen werden.

Das ist ein erstes Ergebnis der von den kämpferischsten Gewerkschaften in den letzten Tagen organisierten Demonstrationen, bei denen Tausende von Demonstranten die Gewerkschaftsführer aufforderten, ein Datum für den Generalstreik festzulegen. Jetzt kommt es darauf an, dass dieser Aufruf nicht eine isolierte Maßnahme bleibt, die von oben organisiert wird, um Druck abzulassen, wie es in der Vergangenheit bei anderen Streiks, zu denen die Gewerkschaftsbürokratie aufgerufen hatte, der Fall war. Um das zu verhindern, liegt der Schlüssel in der Organisation und Mobilisierung von unten, von den einfachen Arbeitern und Streikposten, mit demokratisch gewählten Versammlungen und Streikkomitees in jedem Betrieb und in jedem Viertel, die nicht nur den Streik organisieren, sondern auch die Mobilisierung der Arbeitslosen und der Nachbarschaften, einschließlich der Selbstverteidigung von Demonstrationen und Streiks gegen die von faschistischen Elementen durchsetzte Polizeirepression, fördern müssen!

Um eine solche Politik durchzusetzen, müssen die Führer der antikapitalistischen Linken in Argentinien, deren wichtigster Ausdruck im Parlament derzeit die FIT-U ist, Seite an Seite mit der peronistischen Basis an allen Demonstrationen und Streiks teilnehmen und ihre Führer und Aktivisten auffordern, gemeinsam und in Aktionseinheit gegen die Angriffe der neofaschistischen Bewegung von Milei und dessen Oligarchen-Regierung zu kämpfen.

Die Unterdrückten in Argentinien, wie auch im Rest der Welt, haben die Kraft, das historische Gedächtnis, den Mut und die Tapferkeit, diese brutale Offensive zu besiegen und das Blatt zu wenden. Aber diese Kraft braucht, wenn sie voll entfaltet und siegreich sein soll, eine revolutionäre Einheitsfrontpolitik und ein sozialistisches Programm.

Argentinien befindet sich wieder einmal im Auge des Sturms, und was dort in den kommenden Monaten geschieht, wird enorme Konsequenzen für die weltweite Arbeiterklasse haben.

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