Wladimir Iljitsch Lenin – revolutionärer Marxist und Vorkämpfer des Roten Oktober von 1917 in Russland – starb vor 100 Jahren, am 21. Januar 1924, in der Nähe Moskaus. Sein kompromissloser Kampf gegen Opportunismus und Reformismus in der Arbeiterbewegung, seine theoretischen Beiträge zur Weiterentwicklung der marxistischen Lehre und sein unermüdlicher Einsatz für den Sieg der Arbeiterklasse über das Kapital – für die weltweite Aufrichtung sozialistischer Räterepubliken – bleiben sein unauslöschliches Vermächtnis.

Anführer der Bolschewiki

W. I. Lenin stellte drei Jahrzehnte seines Lebens in den Dienst der revolutionären Sache. Geboren im April 1870 in eine Familie mit bürgerlichem Klassenhintergrund, schloss er sich in den 1890er Jahren der jungen marxistischen Bewegung in Russland an und gründete 1895 in St. Petersburg mit einigen Mitstreitern den „Kampfbund zur Befreiung der Arbeiterklasse“ – eine marxistische Gruppe, die revolutionäre politische Arbeit unter Fabrikarbeitern entfaltete und die später, 1898, in der neuen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands (SDAPR) aufging.

Im Jahr 1903 spaltete die SDAPR sich in zwei Flügel: Die eher gemäßigten und später reformistischen „Minderheitler“ (russ.: Menschewiki) und die revolutionär-marxistischen Linken, die „Mehrheitler“ (russ.: Bolschewiki), deren Anführer Lenin wurde. In den Jahren bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs formte Lenin aus den Bolschewiki eine disziplinierte, revolutionäre Kaderorganisation, die energisch in die russische Revolution der Jahre 1905–1907 eingriff, tausende von Arbeitern für sich gewinnen konnte, ab 1912 mit der „Prawda“ eine vielgelesene Zeitung publizierte und selbst bei Wahlen zunehmend erfolgreich abschnitt.

Kriegsjahre

Als der Beginn des Ersten Weltkriegs die internationale Arbeiterbewegung im Spätsommer 1914 in eine tiefe Krise stürzte, weil die Mehrheit der sozialistischen Parteien der II. Internationale „ihre“ jeweiligen Regierungen unterstützte und den Kampf gegen „ihre“ herrschenden Klassen aufgab, gehörte Lenin zu den entschiedensten Vorkämpfern des Internationalismus. Die Bolschewiki kämpften auf den Kriegsgegner-Konferenzen von Zimmerwald (1915) und Kienthal (1916) für den endgültigen organisatorischen Bruch mit den Opportunisten der alten Sozialdemokratie und für die Bildung einer neuen, III. Internationale auf revolutionärer Grundlage.

Lenin hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits den Ruf eines bedeutenden marxistischen Theoretikers erarbeitet. Immer wieder griff er mit seinen Schriften in aktuelle Debatten der Arbeiterbewegung ein, etwa mit „Was tun?“ (1902), wo er für den Aufbau von Kaderorganisationen mit aktiver Mitgliedschaft eintrat, oder mit „Zwei Taktiken der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution“ (1905) – einem Plädoyer für eine revolutionäre Strategie im Kampf gegen den Zarismus, die die Interessen der Arbeiterklasse nicht denjenigen der Bourgeoisie unterordnet. Während der Kriegsjahre verfasste er mit seiner Schrift zum Imperialismus (1916) oder mit „Staat und Revolution“ (1917) absolute Standardwerke des Marxismus (letzteres ist etwa eine geniale Untersuchung der Staatsauffassung von Marx und Engels, in der die Notwendigkeit der Zerschlagung des bürgerlichen Staats und seiner Ersetzung durch Organe der Arbeitermacht betont wird). Zu diesen Standardwerken müssen zweifellos auch spätere Texte wie sein „Linker Radikalismus“ (1920) gezählt werden – eine Polemik gegen ultralinke Positionen in der kommunistischen Bewegung, die ihre Gültigkeit bis heute bewahrt hat. In allen diesen Schriften verteidigte Lenin den revolutionären Kern des Marxismus, wandte die marxistische Methode auf neue Gegebenheiten an und entwickelte das marxistische Programm so weiter.

Roter Oktober

Die wichtigste Phase im politischen Leben Lenins begann mit dem Revolutionsjahr 1917. Nach dem Sturz des Zaren-Regimes in Russland und seiner Ersetzung durch eine bürgerliche Republik orientierte Lenin die Bolschewiki mit seinen „Aprilthesen“ auf das Programm der permanenten Revolution, das Marxisten wie Leo Trotzki bereits im Zuge der Ereignisse von 1905 ausgearbeitet hatten: Unmittelbarer Kampf um Arbeitermacht und Sozialismus als nächster Schritt zur Lösung auch der demokratischen Aufgaben (etwa der noch ausstehenden Abschaffung des ländlichen Großgrundbesitzes). Diese richtige Orientierung ermöglichte im Oktober/November 1917 den Sieg der Arbeiterklasse und die Aufrichtung der russischen Sowjetrepublik – des ersten Arbeiterstaates der Welt.

Den neuen Sowjetstaat in Russland verstanden Lenin und die führenden Bolschewiki lediglich als Vorposten der voranschreitenden internationalen Revolution, der „untergehen [wird], wenn wir uns nicht so lange zu behaupten verstehen, bis wir eine mächtige Unterstützung durch die aufständischen Arbeiter der anderen Länder erhalten“ (Lenin-Werke, Bd. 27, S. 222). 1919 erklärte Lenin, dass die „Existenz der Sowjetrepublik neben den imperialistischen Staaten […] auf die Dauer undenkbar [ist]“ (Lenin-Werke, Bd. 29, S. 138). Der proletarischen Machteroberung in anderen Teilen der Welt sollte auch die im gleichen Jahr gegründete Kommunistische Internationale dienen, deren Mitgliedsparteien sich unter dem Eindruck von Krieg und Revolution – und nach dem Vorbild der russischen Bolschewiki – aus den revolutionären Elementen der alten Sozialdemokratie bildeten.

Als der Sieg der Arbeiterklasse in Ländern wie Deutschland durch den blutigen Pakt der reformistischen Führer mit dem Kapital verhindert wurde, blieb Sowjetrussland isoliert. Die Arbeiterrepublik hatte sich zwar bis 1921 in einem verheerenden Bürgerkrieg gegen die weiße Konterrevolution und ein Dutzend ausländische Interventionsarmeen durchsetzen können, ging daraus aber als ökonomisch ruiniertes, politisch dysfunktionales und stellenweise entvölkertes Land hervor, das auf absehbare Zeit nicht auf Unterstützung von außen rechnen konnte. Diese verzweifelte Lage bildete den Nährboden, auf dem eine konservative Bürokratie das durch den Verfall der demokratischen Rätestrukturen entstandene Machtvakuum füllen und die politische Macht zunehmend an sich reißen konnte. Ihr politischer Repräsentant sollte J. W. Stalin werden – seit 1922 Generalsekretär der bolschewistischen Partei. Unter seiner Führung bildete sich ab Mitte der 1920er Jahre die monströse bürokratische Diktatur heraus, zu der die mittlerweile gegründete Sowjetunion degenerierte.

Lenin versuchte in seinen letzten Lebensjahren, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Noch 1922 schlug er Leo Trotzki – damals Kriegskommissar und populärster Bolschewik neben ihm selbst – die Bildung eines gemeinsamen politischen Blocks gegen die erstarkende bürokratische Kaste vor und forderte unter anderem die Absetzung Stalins als Generalsekretär der Partei (Lenin-Werke, Bd. 36, S. 580). Nach einem Attentatsversuch 1918 war Lenins Gesundheit jedoch angeschlagen, und nach mehreren Schlaganfällen verlor er in den letzten Monaten seines Lebens sogar die Fähigkeit zu sprechen. Als politischer Faktor im Kampf gegen Stalin und die Bürokratie fiel er damit nicht mehr ins Gewicht. Im Januar 1924 erlag Lenin schließlich seinen Leiden.

Lenins revolutionäre Ideen leben fort!

Aufgrund seiner bedeutenden Beiträge zur marxistischen Theorie und seiner Rolle in der russischen Oktoberrevolution von 1917 zählt W. I. Lenin für uns revolutionäre Kommunisten zu den Klassikern des Marxismus. Sein Leben und seine Ideen sind – genau wie bei Karl Marx und Friedrich Engels auch – längst nicht nur von historischem Interesse.

In der kapitalistischen Welt des 21. Jahrhunderts, die von Wirtschaftskrisen, mörderischen Kriegen und einer drohenden Umweltkatastrophe geprägt ist, suchen immer mehr Menschen nach einem politischen Ausweg. Lenins unbeirrbares Eintreten für den revolutionären Sturz des weltweiten Kapitalismus, für die Entmachtung der Banken- und Konzernbosse und für die Machteroberung der Arbeiterklasse – wie 1917 in Russland – bleibt gerade in diesen Zeiten aktuell. Statt auf Reformen im bestehenden System und Kompromisse mit den Herrschenden zu setzen, zeigten Lenins Bolschewiki einen kühnen Weg nach vorne – hin zu Arbeitermacht und zu einer kommunistischen Zukunft für die Menschheit, die frei von Unterdrückung, Kriegen und Not ist. Für alle diejenigen, die heute für diese Zukunft kämpfen möchten, bleibt die Beschäftigung mit Lenins revolutionären Ideen auch 100 Jahre nach dessen Tod unverzichtbar.

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